Apr 282023
 

Naturschutzgruppen, HessenForst, Vertreter der Gemeinde Lautertal und Bürger treffen sich zum gemeinsamen Fachgespräch auf dem Felsberg

Das Aktionsbündnis Lautertaler Wald hatte schon im Vorfeld der Fällungen im FFH-Gebiet Felsberg um ein Gespräch mit HessenForst gebeten, um die geplanten Fällungen kritisch zu diskutieren. Nun kam es erst im Nachgang der Eingriffe zu einer Begehung und ausführlichen Gesprächen. Zugegen waren Bürgermeister Andreas Heun, Mitarbeiter der Bauverwaltung, Forstamtsleiter Steffen Hering, die Revierförster Robin Töngi und Dirk Ruis-Eckhardt, Vertreter von NABU Beedenkirchen, NABU Elmshausen, NABU Kreis Bergstraße und NABU Seeheim-Jugenheim, von Greenpeace, dem Netzwerk-Bergsträßer Wald und der Deutschen Gesellschaft für Limnologie sowie ein Vertreter der Jägerschaft und Bürger aus dem Lautertal.

Die Gruppe nahm den Wald an den Römersteinen in Augenschein, der in den vergangenen Jahren durch Fällungen mittlerweile zunehmende Kronendachöffnungen aufweist. Es wurde allen Beteiligten klar, würden die bisherigen Maßnahmen des Forstamts so weitergehen, würde sich in absehbarer Zeit eine baumfreie, heiße Schneise durch den Wald ziehen. Horst Becker vom NABU-Kreisverband Bergstraße wies darauf hin, dass dann auch der angrenzende Wald bald von Trockenschäden betroffen sein werde. Die immer weiter eindringende Trockenheit würde durch die zunehmend offenen Waldflanken nicht mehr aufgehalten. Die Buche sei eine Schattenbaumart, die Sonne nicht gut ertrage, führte Forstamtsleiter Hering aus. Yvonne Albe vom NABU Seeheim-Jugenheim erinnerte daran, dass es sich hier um ein Europäisches Schutzgebiet handle. Sie wies auf die Verpflichtung der Gemeinde hin, die bestehenden Richtlinien der Europäischen Kommission einzuhalten. Umfangreiche Fällungen, wie hier geschehen, könnten eine Verletzung der Erhaltungsziele der zu schützenden Buchenwaldarten sein. 

Klimaresilienz als Ziel

HessenForst hatte bereits im Vorfeld darauf hingewiesen, dass die tourismusbedingte Erosion in diesem Gebiet mittlerweile ernsthafte Ausmaße angenommen hat. Vergangene und zukünftige Fällungen werden dieses Problem verstärken.

Auch waren sich alle Teilnehmenden einig, dass Starkregenereignisse und Klimaanpassung eine zentrale Rolle bei künftigen Überlegungen spielen müssen. So bauen die derzeit neu erstellten Fließpfadkarten des Landes auf der Annahme auf, dass kein Wasser aus dem Wald abfließt. Aus der Bauverwaltung wurde berichtet, dass dies nicht der Fall ist. Im Gegenteil muss die Kommune nach jedem stärkeren Regen die Austräge aus dem Wald wieder beseitigen und die Schäden ausbessern. Der Wald sollte daher klimaresilienter werden, um diese Daueraufgabe zu bewältigen und ihre Folgekosten zu dämpfen. Eine entsprechende Strategie muss Aufnahme in die nächste Forsteinrichtung finden – hierüber waren sich alle einig. Da es im Felsenmeer-Informationszentrum bisher keine Inhalte zu naturschutzfachlichen Themen gebe, sollten diese in Zukunft dort auch behandelt werden, so ein  Vorschlag aus der Gemeindeverwaltung. Auf diesem Wege können Waldbesucher über die vorhandenen Naturräume, die Rolle von Totholz und Habitatbäumen, Waldverjüngung und Klimawandelfolgen im Felsbergwald informiert werden.

Gemeinsame Problemanalyse

Bürgermeister Heun resümierte nach ausführlichen Diskussionen: “So wie bisher darf es nicht mehr weitergehen.“ Das bestätigte auch Forstamtsleiter Hering. Der Wald müsse verjüngt werden: Auf stark verdichteten Flächen sollen nun Einzäunungen (Kleingatter), die für Jungaufwuchs sorgen und gleichermaßen Waldbesucher aus den betroffenen Gebieten heraushalten, konsequent eingerichtet werden. Damit erledige sich auch größtenteils das Problem der Verkehrssicherung, so Andreas Heun. Steffen Hering sagte auf Bitte des Bürgermeisters zu, dass das Forstamt Vorschläge für Kleingatterflächen einreichen wird. Um weiteren Fällungen zur vorsorglichen Verkehrssicherung ein Ende zu setzen, nahm Heun einen Vorschlag der Naturschützer auf: Schilder, die auf waldtypische Gefahren hinweisen und die Rechtslage verdeutlichen, sollen nun an dürregeschädigten Bereichen aufgestellt werden. Eine Prüfung durch die Obere Naturschutzbehörde soll dazu erfolgen. Darüber hinaus sollen Naturwaldflächen nun konsequent ausgewiesen werden, so Forstamtsleiter Hering. 

Mehr Kooperation zwischen HessenForst, Kommune und Naturschutz

Da die Naturschützer trotz mehrfacher Anfragen ans Forstamt im Vorfeld der Fällungen nicht angehört worden sind, forderten sie, in Zukunft im Voraus geplanter Eingriffe in Flora-Fauna-Habitate Einsicht in die Vorprüfung nehmen zu können. Diese muss das Forstamt nach der EU-Richtlinie erstellen, um eine Verschlechterung des Waldes auszuschließen. Im Zweifelsfall müsse eine Verträglichkeitsprüfung vorgenommen werden. Bürgemeister Heun erachtete diesen Vorschlag für sinnvoll, da man auf diese Weise Ärger mit Naturschutzverbänden und Bürgern vorbeugen könne. Er sei nach den Fällaktionen von vielen besorgten Bürgern angesprochen worden. Da in den letzten Jahren Gerichtsurteile die Notwendigkeit der Beteiligung von Naturschutzgruppen im Vorfeld vor Verträglichkeitsprüfungen bestätigt haben, wäre diese Regelung folgerichtig, so die Naturschützer. Es gehe nicht darum, Holzernte völlig zu unterbinden, sondern Risiken für den Walderhalt aus naturschutzfachlicher Sicht schon in der Planungsphase abzuschätzen.

Die Naturschützer baten zudem generell um mehr Transparenz bezüglich forstwirtschaftlicher Planungen. Die Forsteinrichtung sowie Waldwirtschaftspläne sollten wie in vielen umliegenden Gemeinden auch öffentlich zugänglich gemacht werden. Forstamtsleiter Hering verwies in dieser Frage auf die Entscheidungsgewalt der Gemeinde. 

Ein Großteil der besprochenen Maßnahmen sind Teil des seit 2012 für dieses Gebiet geltenden FFH-Bewirtschaftungsplans und bisher nur unzureichend umgesetzt. Nun sollen diese Maßnahmen unter der neuen Forstamtsführung zeitnah realisiert werden, um die weitere Degradierung des Waldes aufzuhalten. Die wegweisenden Absichtserklärungen müssen auch Eingang in das neue Forsteinrichtungswerk und dessen Leitlinien finden.

Das Aktionsbündnis begrüßt die Bereitschaft von HessenForst und der Gemeinde Lautertal, gemeinsam mit dem Naturschutz Lösungen für die Problematik am Felsberg zu finden. So sind auch rechtliche Auseinandersetzungen vermeidbar. Das Aktionsbündnis wolle weiterhin bei Eingriffen in die Lautertaler Waldökosysteme wachsam sein. 

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