Apr. 112023
 

Der Wald an den Römersteinen oberhalb des Felsenmeers ist seit einigen Jahren immer wieder Ziel von Fällmaßnahmen gewesen. Mittlerweile ist der ehemals geschlossene Bestand licht geworden, jährlich verschwinden charaktervolle ältere Bäume. So fressen sich Trockenheit und Hitze Jahr für Jahr weiter durch den Wald und schädigen weitere Bäume. Auch abseits dieses von Waldbesuchern stärker frequentierten Gebiets wird immer wieder gefällt, was den Wald immer weiter schwächt und auf einer Abwärtsspirale vorantreibt. 

Dieses Jahr war der forstliche Eingriff besonders massiv. So tragen die Fällungen zu einer verheerenden Abwärtsdynamik bei: Die Stämme verbleibender Bäume werden plötzlich der Sonne ausgesetzt und damit so geschwächt, dass sie krank und schließlich instabil werden. Es wurden auch Habitatbäume gefällt, also solche, die Vögeln und Insekten als Lebensraum dienten – und das in der Brut- und Setzzeit. (Noch) Gesunde Bäume wurden bei den Forstarbeiten beschädigt

Es handelt sich um einen steilen Südhang, durch dessen Gefälle sich jeder Einschnitt umso stärker auf das Ökosystem, das Waldinnenklima und vor allem auch auf den Wasserhaushalt auswirkt – weitere Trockenschäden vorprogrammiert. Zudem wird der Erosion weiter Vorschub geleistet, und Hochwassergefahren im Tal steigen.

Das Forstamt hatte in seiner Pressemitteilung erklärt, dass zumeist dichte Verjüngung unter den zu fällende Bäumen vorhanden sei. Das ist im Waldstück bei den Römersteinen nicht der Fall. Die nachfolgende Waldgeneration fehlt vollständig. Das Forstamt sprach im Vorfeld von Einzelbäumen, die entnommen werden sollen, in mindestens zwei Fällen wurden aber ganze  Gruppen von Bäumen gefällt und damit das Kronendach stark geöffnet. 

Hier verschwindet nicht nur sukzessive eines der schönsten Waldstücke Europas – Buchen verwachsen hier mit dem geschichtsträchtigen Felsen. Die Folgeschäden dieser Eingriffe sind mittlerweile unübersehbar. Hier arbeitet der Klimawandel mit dem Forstdienstleister HessenForst Hand in Hand. 

Doch jeder Baum ist in den immer lichter werdenden Wäldern jetzt wichtig, um die Trockenheit aus dem Wald zu halten. Denn das Kronendach schützt die Buchen vor Trockenschäden. Auch kranke Bäume können noch viele Jahrzehnte Schatten spenden. 

Geltende Rechtslage missachtet

Große Teile des Waldes auf dem Felsberg sind  seit den 70er Jahren Naturschutzgebiet und wurden 2008 von der Europäischen Union zu einem besonders schützenswerten Flora-Fauna-Habitat erklärt. 

Hier sollen vor allem alte Buchenwälder, von denen es nur noch wenige in Europa gibt, geschützt und erhalten werden.

Verlautbarungen des verantwortlichen Forstamts Lampertheim zufolge handelt es sich bei den aktuellen Fällungen im Wald auf dem Felsberg um Verkehrssicherungsmaßnahmen. Derartige Maßnahmen, die im FFH-Bewirtschaftungsplan an keiner Stelle vorgesehen sind, dienen nicht der Gebietsverwaltung, also dem Schutz, Erhalt und Förderung der Wälder. Aus diesem Grunde muss das Forstamt nach aktueller Rechtslage (§34 BNatSchG) im Vorfeld prüfen, ob die Fällungen zu einer Verschlechterung des Waldes führen. Das „Aktionsbündnis Lautertal“, bestehend aus lokalen Naturschutzvereinen und Bürgerinitiativen, hatten öffentlich und mittels interner Kommunikation mit dem Revierförster auf die Erheblichkeitsabschätzung (Vorprüfung) und die FFH-Verträglichkeitsprüfung hingewiesen. Offenbar hat das Forstamt Lampertheim es trotzdem versäumt, die notwendige Vorprüfung vorzunehmen.

Obwohl sich die Naturschützer mehr als einmal mit ihren Bedenken an das zuständige Forstamt gewendet hatten, wurden sie ignoriert.

Strafanzeige wird erwogen

Die Durchführung der Maßnahmen ist also nicht nur für den Erhalt des Gebiets, sondern auch rechtlich problematisch. Das „Aktionsbündnis Lautertaler Wald“ geht davon aus, dass sich der Zustand des Waldes durch die Eingriffe verschlechtern wird. Sie wären damit nicht konform mit der Richtlinie für dieses Europäische Naturschutzgebiet (Verschlechterungsverbot, FFH-Richtlinie Art. 6 (2)). Es besteht die Möglichkeit einer Anzeige nach Paragraf 329 Absatz 4 des Strafgesetzbuchs, der den Erhalt der Flora-Fauna-Habitate vorsieht. Es sind Gespräche mit dem Forstamt, der Gemeinde und dem Aktionsbündnis geplant.

Neben den Naturschützern hatten auch die Grünen Lautertal zusammen mit der SPD versucht, diese Fällungen zu verhindern, da sie der gesetzlichen Grundlage zur Verkehrssicherungspflicht entbehren (Antrag der Grünen). CDU und LBL haben sich trotz der Faktenlage für die Fällungen ausgesprochen und durchgesetzt.

Dass es sich nicht nur um Verkehrssicherungsmaßnahmen gehandelt hat, zeigt die Tatsache, dass die Bäume größtenteils zum Abtransport und damit zum Verkauf auf die Wege geschafft wurden. Habitatbäume für Tiere und Totholz sind laut der Richtlinie besonders zu fördern und hätten im Bestand bleiben sollen. Mehr Totholz ist dringend nötig, um Feuchtigkeit im Wald zu halten, den Trockenstress auf den Bestand zu reduzieren und Jungwuchs zu fördern.

Schilder, die Waldbesucher vor waldtypischen Gefahren warnen und gezielte Entnahme von abgestorbenen Ästen hätten nach Ansicht der Naturschützer viele Bäume vor der Fällung bewahren können. Im Schutz der Altbäume hätte das Forstamt durch Pflanzungen und Schutzmaßnahmen für eine neue Waldgeneration sorgen können. Nun müssen größte Anstrengungen unternommen werden, um die verbleibenden Bäume zu erhalten und für einen gesunden Waldaufwuchs zu sorgen. Noch zur Fällung markierte Bäume sollten nicht mehr gefällt werden. Ein durchdachtes Konzept zum Erhalt des Naturschutzgebietes am Felsberg muss nun dringend und zeitnah entwickelt werden. 

Kommentarfunktion geschlossen

NABU Menu