Sep 262022
 

Die Felsenmeer-Petition fordert ein Ende der forstwirtschaftlichen Nutzung des Naturschutzgebietes Felsberg/Felsenmeer im Lautertal. Unterstützung findet die Petition durch ein Angebot der Wohlleben-Stiftung im Rahmen ihres Urwald-Projekts, wodurch die Gemeinden Lautertal und Bensheim mehr Geld von der Stiftung bekommen, als sie durch den Erlös aus Holzverkäufen verdienen würden.

Über 17 000 Menschen haben diese Petition mittlerweile unterzeichnet. 30% der Unterschriften kommen aus der Region in einem Umkreis von 30 Kilometern.

Dass der Magistrat der Stadt Bensheim unserer Petition und dem Angebot der Wohlleben-Stiftung im dennoch eine Absage erteilt hatte, kann Partei Bürger für Bensheim (BfB) nicht nachvollziehen. Um der Ablehnung, die vorrangig auf wirtschaftlichen Kriterien, Holznutzung sowie notwendiger Verkehrssicherung fußt, etwas entgegenzusetzen, haben die BfB am 26.09.2022 einen Waldbegang mit Diskussion vor Ort veranstaltet. Die Partei möchte unsere Petition unterstützen und bekannt machen, auch um weitere Entscheidungen in den Gremien in eine andere Richtung zu drehen.

Begrüßung durch Ulrike Vogt-Saggau

Rund 20 Teilnehmer fanden sich interessiert am Treffpunkt ein, unter ihnen Stadt- bzw. Gemeindeverordnete aus Bensheim und Lautertal sowie der Lautertaler Revierförster Robin Töngi. Nach einer Begrüßung und Einführung durch die BfB-Vorsitzende Ulrike Vogt-Saggau und Yvonne Albe vom NABU Seeheim-Jugenheim wurden an mehreren Stellen im Wald die Gründe für die Petition vorgestellt und diskutiert.

„Dieser Wald ist nicht irgendein Wald. Dieser Wald am Felsenmeer ist in seiner Symbiose von Felsen und Bäumen und als Ort von Geschichte und Geologie in Europa einzigartig. Das Gebiet wurde seit 1972 unter Naturschutz gestellt. Seit dem Jahr 2000 steht es auch unter dem Schutz der Europäischen Union, es wurde zum Natura-2000-Gebiet erklärt. Nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie sind hier die Buche und andere lebensraumtypische Bäume zu erhalten und zu fördern. Das Leitbild für die Buchenwälder formuliert, dass es Ziel ist, einen hohen Anteil von Altholz- und Totholz sowie eine hohe Zahl an Höhlen- und Habitatbäumen zu erreichen, weil man weiß, wie wichtig Totholz für die Artenvielfalt, die Wasserspeicherfähigkeit und den Erhalt des Waldes ist. Wir denken, dass die forstliche Bewirtschaftung diesen Zielen entgegensteht.“

Yvonne Albe, NABU Seeheim-Jugenheim
Yvonne Albe stellt Gründe und Ziele der Petition vor

Forstwissenschaftler Volker Ziesling lieferte wie bei vergangenen Exkursionen am Felsenmeer profunde Expertise, die die Argumente der Petition eindringlich untermauerten. So zeigte er vor Ort die zu niedrige Altersstruktur anhand des Fehlens älterer Buchen: Die „Hiebsreife“ sei im Rahmen der Bewirtschaftung mit rund 120 Jahren erreicht; da Buchen natürlicherweise bis zu 400 Jahre alt werden, fehlen in der Altersstruktur des Waldes die überwiegende Mehrzahl der Altersstufen, nämlich alle jenseits der 120 bis hin zu den 400-jährigen Uralt-Bäumen.

An mehreren Stellen zeigten Yvonne Albe und Volker Ziesling, wodurch die natürlichen Buchenwald-Gesellschaften am Felsberg und Felsenmeer geschützt und gefördert werden können. Vor allem die Bewahrung eines geschlossenen Kronendachs spielt eine herausragende Rolle, weil Buchen sowohl um alt zu werden als auch um ihren Nachwuchs zu schützen, den eigenen Schatten dringend nötig haben – forstwirtschaftliche Eingriffe stören dieses fragile selbstregulierende Ökosystem immer wieder und verhindern den Aufwuchs eines stabilen Dauerwaldes verschiedenster Altersstufen.

An zahlreichen konkreten Beispielen wurde den Besuchern deutlich veranschaulicht, wie genau die forstwirtschaftliche Nutzung dem Buchenwald am Felsenmeer schadet: Zuviel Licht und Hitze durch Auflichtungen des Kronendachs, Schädigung durch Befahrung mit schwerem Gerät, „Kollateralschäden“ am Bestand durch Fäll- und Rückearbeiten, Einbringung gebietsfremder Arten im Zuge eines „Waldumbaus“. All diese konkreten Schädigungen in Einzelfällen summieren sich zu einem Gesamtbild, das erheblichen Verbesserungspotenzial aufzeigt. Die Beendigung der forstwirtschaftlichen Nutzung, die durch die Felsenmeer-Petition gefordert und durch das Angebot der Wohlleben-Stiftung finanziell lukrativ für die Gemeinde Lautertal und die Stadt Bensheim wird, ergibt sich als notwendiger erster Schritt, so wurde den Teilnehmern der Exkursion klar.

„Wir denken, dass der Wald für uns alle dadurch gewinnen wird, indem wir ihm die zusätzliche Belastung durch die Forstwirtschaft nicht mehr zumuten: Er wird im Laufe der Zeit stabiler werden und mehr Arten beherbergen. Er wird auch für die Besucher des Waldes einen Mehrwert bringen, weil es viel spannender ist, einen Wald zu erkunden, der mit alten Bäumen, Totholz und einer Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten zusätzlich zu den Felsen so viel mehr bieten kann. Damit würde man auch den Bereich der Felsen entlasten.“

Yvonne Albe, NABU Seeheim-Jugenheim

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