Jan 292022
 

Begehungsbericht zu den Fällungen am Waldkunstpfad im Staatswald bei Darmstadt am 27. und 28.1.2022

Obwohl HessenForst mit einer geradezu auffälligen Eile sämtliche Baumleichen noch am Tag der Fällung abtransportierte, konnten Forstexperten vorab die Situation dokumentierten: Entnommen wurden weit überwiegend gesunde und nur leicht geschädigte Bäume ohne besondere statische Beeinträchtigungen.

Auffällig auch: Unsere Experten mussten feststellen, dass zwei große Buchen mit starker statischer Beeinträchtigung direkt am Weg stehen gelassen wurden. Eine mit bereits deutlich sichtbaren, parallel angeordneten, spiralförmigen Längsrissen und eine weitere mit Wunden und schwerem Rußrindenkrankheitsbefall. Man kann darüber spekulieren, warum mit dem Argument „Verkehrssicherung“ gesunde Bäume gefällt und sofort abtransportiert werden, während kranke und instabile Exemplare neben dem Weg stehen bleiben.

Weiterhin auffällig ist die große Anzahl an Rückeschäden, die über Wunden an den Stammfüßen (Stammanläufen) zu statisch relevanten Pilzinfektionen geführt haben und zu weiteren Verwundungen führen werden.
Es handelt sich hierbei auch um forstlich herbeigeführte Waldschädigungen.

Statisch stabiler Baum geerntet – großflächig aufgerissenes Kronendach

Auszug aus dem Begehungsbericht

Aussagen des Forstwissenschaftlers MARTIN BERTRAM Begehungsbericht:

Die aktuell durch HessenForst praktizierte Forstwirtschaft schädigt den Wald durch:


• Verwundung mit nachfolgenden Infektionen durch holzzersetzende Pilze
• Übermäßige Auflichtungen, die zur Schädigung des Waldklimas und erhöhtem Dürrestress führen
• Auflichtungen, die zu strahlungsbedingter Überhitzung der Stämme und zum Absterben des Kambiums mit nachfolgenden Infektionen führen (Sonnenbrand)
• Streifschäden mit demselben Effekt
• Schädigung der Pilzflora, die für die Wasserversorgung der Bäume notwendig ist. Diese Pilzflora wird durch Sonnenwärme, den Verlust von Altbäumen, die die Pilze mit Zuckerlösung ernähren und durch
• Befahrung gestört.

Das macht die Bestände noch dürreanfälliger.

Die Schlussfolgerung im Bericht

Das Hauptproblem bei HFs Bewirtschaftung der Buche liegt darin, das Waldklima zu stören, das die Buche benötigt, um gesund zu bleiben. Einmal aufgelichtet, entsteht bei trockenem Klima und Sonnenwärme im Bestand ein Dominoeffekt der Schädigung.

Jeder Baum, auch ein geschädigter, trägt zur Beschattung bei.


Wer daher, wie HF in Darmstadt auch noch „vorbeugend“ Bäume fällt, beschleunigt diesen Dominoeffekt bis zum Verschwinden des Waldes.

Der Landesbetrieb Hessen-Forst hat kürzlich selbst festgestellt, dass Untersuchungen zum Schadgeschehen in den hessischen Wäldern „eine Zunahme des Schadgeschehens mit abnehmender Bestandesdichte zeigen. Aufgelichtete Bestände oder Bestandesteile mit Bestockungsgraden oder – anteilen unter 0,6 sind tendenziell wohl stärker betroffen… Ältere Bestände der Vergleichsflächen weisen in der Untersuchung tendenziell ebenfalls höhere Schäden auf. Dies geschieht aber oftmals gepaart mit geringeren Bestockungsgraden. Sie sind letztlich als ein Ergebnis fortgeschrittener Verjüngungsprozesse (Auflichtung durch Ernte zielstarker Bäume und gleichzeitiger Förderung der Naturverjüngung) zu bewerten.“

Ein Erlass über ein generelles Einschlagsmoratorium für über 100jährige Bestände in allen Natura2000-Gebieten wurde kürzlich erneut verlängert. Erfolgt hier eine Holzernte durch die Hintertür?.

Wahrnehmung als Provokation und Machtdemonstration

Katastrophal ist die Kommunikation des Forstamtes Darmstadt. Sätze wie „Wir handeln vorausschauend und ernten auch gesunde Altbuchen, die ggf. in ein bis zwei Jahren ein Problem bringen werden…“ sind natürlich eine Farce, und damit ist die Kritik der BI Pro-Walderhalt berechtigt, dass es hier bei vielen Bäumen offenbar nicht um Verkehrssicherung geht, sondern schlicht um Holzernte, die den schon vorgeschädigten Wald endgültig zu zerstören droht.

Für den politischen Protest der Bürger hat der NABU Seeheim-Jugenheim großes Verständnis. Die zunehmenden Proteste zeigen deutlich, dass die Menschen die Bäume stehend mehr schätzen als im Holzregal von Obi oder als Brennholz.

Die Hoffnung besteht, dass zunehmende öffentliche Aufmerksamkeit und Proteste bei HessenForst endlich ein Hinterfragen der eigenen Position und Denkweise anstoßen: Wenn man bei HessenForst bemerkt, welch bleibenden Imageschaden man für wenige tausend Euro Gewinn erleidet.

Trauer um die gefallenen alten Buchen

Waldfreunde trauern um die gefallenen Riesen – geopfert für wenige tausend Euro Gewinn.

Vorher – Nachher

Die gefällten hier dokumentierten gesunden Buchenstämme wurden in großer Eile noch am selben Tag abtransportiert. Zurückgelassen wurden einige wenige Stämme mit Weissfäulebefall.

  Eine Antwort to “Machtdemonstration eines Forstamts”

  1.  

    Völliges Unverständnis, was unter der Leitung vom hess. Umweltminusterium unser Forstamtsleiter Müller hier in Darmstadt und Umgebung alles zu Nichte macht. Es ist wirklich ärgerlich und traurig, dass hier offensichtlich wider moderner forstwissenschaftlicher Erkenntnisse gehandelt wird. Es wird Zeit für einen Wechsel.

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