Nov 172023
 

Das Netzwerk Bergsträßer Wald und der NABU Seeheim-Jugenheim setzen auf Kooperation aller Interessensgruppen

Die Gemeindevertretung Alsbach-Hähnlein hatte im vergangenen Jahr  in einem einstimmigen Beschluss festgelegt, unter Berücksichtigung aller Interessensgruppen eine Waldstrategie für ein naturnahes Waldmanagement für den Gemeindewald zu erarbeiten (Fraktionsvorlage 2021/0477.4). Ein externer und neutraler Experte sollte laut dieses Beschlusses zunächst ein Konzept vorschlagen. In einem weiteren Schritt sollten unter Beauftragung eines externen Moderators alle Interessengruppen zusammengebracht werden, “um die vorhandenen Anliegen, Maßnahmen und Aufgaben und das weitere Vorgehen zu strukturieren sowie die Umsetzung zu begleiten”.

Die Gemeinde Alsbach-Hähnlein hat in ihrer kürzlich erschienenen Pressemitteilung erklärt, dass Lothar Cramer, Dipl.-Ingenieur für Forstwirtschaft und Landschaftsplanung und ehemaliger langjähriger Bediensteter und Forstamtsrat bei HessenForst, die Aufgabe übernommen hat, ein Leitbild zu erstellen. Er stellte dieses am 7. November 2023 im Haupt-, Finanz- und Sozialausschuss vor. 

Das Netzwerk und der NABU weisen darauf hin, dass Herr Cramers Konzept dem Gemeindevertretungsbeschluss zufolge nur eine Grundlage für die weitere Diskussion mit den unterschiedlichen Interessensgruppen ist. Die Mitglieder der beiden  Naturschutzinitiativen verfolgten die Darstellung des Konzepts bei der Sitzung. Sie beurteilen viele der vorgestellten Maßnahmen im Umgang mit dem Gemeindewald positiv, sehen aber in einigen Punkten Diskussionsbedarf. 

Der NABU und das Netzwerk raten wie Herr Cramer aus Gründen des unbedingten Walderhalts klar zur Priorisierung ökologischer Ziele. Doch sollte der traditionelle Waldbau aus Sicht von NABU und Netzwerk neu bewertet und hinterfragt werden, da in Zeiten rasanter klimatischer Veränderungen bisherige waldbauliche Umgangsformen mit großen Unsicherheiten behaftet sind. Kritisch zu beleuchten wäre die Forderung der Gemeinde, mindestens so viel Holz zu schlagen, um rein rechnerisch den Holzbedarf der Gemeinde zu decken. Ökonomische und bedarfsorientierte Erwägungen müssten nach Sicht der Waldschützer hintangestellt werden, da in Zeiten der Klimakrise und der wachsenden Belastungen für den Wald die Waldbehandlung gänzlich daran auszurichten ist, was dieser überhaupt noch imstande ist zu leisten und zu liefern. Der Walderhalt sollte unter keinen Umständen gefährdet werden.

Die Waldschützer halten den vorgeschlagenen Umgang mit diversen Baumarten (Buche/Douglasie/Tanne) für diskussionswürdig. Hinsichtlich des Totholzumfangs sind ihrer Ansicht nach Konkretisierungen notwendig. Da der Alsbach-Hähnleiner Gemeindewald einen verschwindend geringen Totholzanteil aufweist, weit unterhalb des Bundesdurchschnitts und wissenschaftlicher Empfehlungen, sollten hier ganz konkrete Zielsetzungen festgelegt werden. Totholz ist nicht nur für die Artenvielfalt im Wald von entscheidender Bedeutung, sondern auch für die Wasserspeicherung essenziell. Es blieb auch unklar, weshalb nutzungsfreie Waldgebiete laut Aussage Lothar Cramers einen Flächenanteil von 13% nicht überschreiten sollten und für die Bürgerschaft dort ein Betretungsverbot gelten soll. Der NABU Seeheim-Jugenheim und das Netzwerk Bergsträßer Wald erbaten von der Gemeinde Einsicht in den vollständigen Bericht des externen Experten, um auf dieser Grundlage fundiert an der Erstellung des Endkonzepts mitwirken zu können. Die Gemeinde verweigerte die Herausgabe des Papiers “aus Urheberrechtsgründen”, ohne diese zu konkretisieren, und verwies auf die öffentlich zugängliche Präsentation, die im Ausschuss vorgestellt wurde. Die Mitglieder des NABU und des Netzwerks Bergsträßer Wald werden nach Aussage der Gemeinde zu einem Runden Tisch eingeladen, der zu diesem  Thema voraussichtlich im 1. Quartal 2024 stattfinden wird. Der NABU und das Netzwerk freuen sich auf den gemeinsamen Austausch zur Entwicklung einer zukunftsfähigen Strategie für den Gemeindewald von Alsbach-Hähnlein, halten aber für eine Diskussion auf Augenhöhe, wie sie für alle Seiten gleichermaßen gewinnbringend ist, die Einsicht in das Konzeptpapier für unbedingt erforderlich.

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