Mrz 162023
 

Der NABU befürchtet Auswirkungen des Kahlschlags an einem Steilhang in Seeheim-Jugenheim, Ortsteil Ober-Beerbach, oberhalb des Weilers Wallhausen im Bereich Drachenhöhle auf das Hochwasserrisiko, den Gewässerschutz und Trinkwasserschutzgebiete.

Hochwasserrisiko

Hinsichtlich des Abflussverhaltens bei erwartbar häufiger werdenden Starkregenereignissen befürchtet der NABU schwerwiegende Folgen des Kahlschlags und der massiven Geländeverdichtung: Aufgrund der Maßnahmen kann der Boden des steilen Hangs künftig sehr viel weniger Wasser aufnehmen. So steigt die Hochwassergefahr in den unterhalb liegenden Bächen Stettbach, Bach von Wallhausen und dem namenlosen Bach GWZ 2396282922. Das Wasser wird Richtung Wallhausen und weiter ins Stettbacher Tal hinunter nach Jugenheim geleitet.

Gemäss dem öffentlichen WRRL-Viewer handelt es sich bei dem kahl geschlagenen Fichtengebiet um das Flurstück 129 der Flur 12 des Gemeindewaldes Seeheim-Jugenheim im Ortsteil Ober-Beerbach.

Der Höhenunterschied auf dem betroffenen Flurstück beträgt zwischen östlichem oberem und westlichem unteren Rand etwa 32 Meter (siehe Screenshots von topographicmap.com), was einem Gefälle von etwa 79% entspricht.

Durch den Kahlschlag kommt es zu einer Überhitzung und Verarmung des Bodens und er kann wesentlich weniger Wasser aufnehmen. Sechs stark verdichtete Rückegassen verlaufen auf dem freigelegten Steilhang im Abstand von 12 bis 20 Metern bergabwärts. Die Rückegassen bilden Geländemulden, die unmittelbar auf das Tal zulaufen und durch die starke Bodenverdichtung im Falle eines Starkregens zu Schussrinnen werden.

Diese Risikosituation sollte dringend abgemildert werden, etwa durch Bodenmulden.

https://de-de.topographic-map.com/map-2bvkl/Seeheim-Jugenheim/?zoom=15&center=49.75371%2C8.68356&popup=49.75738%2C8.68045

Gewässerschutz

Wenn aus diesen Steilstrecken Bodenmaterial abgetragen wird, so gelangt dieses Material in die oben bereits genannten drei Bäche. Dies führt zu einer Verstopfung des Gewässerbodens und zerstört Laich- und Wuchshabitate. Dies ist nach Wasserrecht nicht zulässig.

Bereits nach ersten moderaten Redenfällen in der vergangenen Woche deuten sich die Folgen an: Es bildet sich Matsch, der mit kommendem Niederschlag immer weiter talwärts gespült wird.

Zustand des Bodens am Hang nach dem Unwetter am 13.03.2023.

Auswirkungen auf Trinkwasserschutzgebiete

NaturschützerInnen befürchten zudem Auswirkungen durch den Eintrag von Feinsediment im Hochwasser- oder Starkregenfall auf das Wasserschutzgebiet „Fuchssche Quellen“. Die Sorge gilt insbesondere den Auswirkungen der aus dem gesamten Steilhang ausgewaschenen Nitratanteile (LAWA-Papier unter anderem zu Nitratauswaschungen aus Wald: https://www.nw-fva.de/fileadmin/nwfva/publikationen/pdf/beisecker_2012_diffuse_stoffaustrage.pdf). Oberhalb findet sich eine zur Tierhaltung genutzte landwirtschaftliche Fläche. Wo bisher der Wald dafür sorgte, dass die durch Beweidung entstandenen Nitratanteile nicht bergabwärts gelangen konnten, besteht bei Starkregenereignissen die Gefahr, dass sie jetzt ungehindert in die unterhalb liegenden Trinkwassergebiete gelangen. Erhöhte Nitratwerte können Auswirkungen auf die Gesundheit von Erwachsenen und insbesondere auf die von Säuglingen haben.

Insgesamt sind also erhebliche Auswirkungen des Kahlschlags zu befürchten beziehungsweise haben schon eingesetzt. Wie in der Folge mit dem Hochwasserrisiko, dem Gewässerschutz und wahrscheinlichen Folgen für Trinkwasserschutzgebiete umgegangen wird, ist bislang offen. Der NABU hat dazu eine Anfrage ans Regierungspräsidium Darmstadt Dezernat IV gestellt, das für diese Angelegenheiten zuständig ist. Sobald eine Antwort vorliegt, werden wir weiter berichten.  

  Eine Antwort to “Kahlschlag in Seeheim-Jugenheim: Auswirkungen auf Hochwasserrisiko, Gewässerschutz und Trinkwasserschutzgebiete”

  1.  

    Danke NABU, dass ihr diese Fehlentscheidungen in der Waldwirtschaft immer wieder aufdeckt und den langfristigen Schaden so nachvollziehbar erläutert. Es ist nicht zum Aushalten, wie wenig die Folgeschäden berücksichtigt werden.

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