Jan 042023
 

Wenn wir über Einschlag in unsere heimischen Buchenwälder reden, werden oft Argumente vorgebracht wie:

  • “Wir brauchen Holz!”
  • “Wenn wir es nicht bei uns schlagen, dann muss es aus anderen Ländern importiert werden, wo es unter schlechteren Bedingungen geerntet wird.”
  • “Holznutzung ist nachhaltig.“
Holzernte im Seeheim-Jugenheimer Gemeindewald (Foto: Yvonne Albe)

Generell ist auch der NABU für eine nachhaltige Nutzung von Holz als nachwachsendem Rohstoff.

Aber schauen wir auf die Details der drei Argumente:

  1. “Wir brauchen Holz”

Ja, das ist unbestritten. Aber unser Verbrauch ist zu hoch: Der Durchschnittsverbrauch der Deutschen an Holz ist doppelt so hoch wie der der restlichen Welt. Ist das noch angemessen? Mit weltweit zwischen 4,3 und 5 Milliarden Kubikmeter Holzernte im Jahr 2020 wurden bis zu zwei Milliarden Kubikmeter mehr geerntet, als sich nachhaltig decken ließe, und wir Deutschen verbrauchen davon auch noch doppelt so viel wie der weltweite Durchschnitt. Sollten wir da nicht unseren Verbrauch überdenken und mit dem tatsächlichen Bedarf abgleichen, anstatt weiter Holz aus angegriffenen Wäldern zu holen und in kurzlebigen Produkten zu verschwenden oder direkt zu verbrennen?

  1. “Holz wird importiert, wenn wir es nicht hier ernten.”

Fast die Hälfte des deutschen Buchenholzes (46%) ging im vergangenen Jahr in den Export, vor allem nach China. Und das ist keine neue Entwicklung. Seit über zwei Jahrzehnten versorgen wir China mit Buchenholz im großen Stil (etwa 30-50% unseres Einschlags). 

Die EU ist weltweit praktisch der einzige große Handelsblock ohne nennenswerte Exportbeschränkungen für Holz: Wir verhalten uns damit im Buchenholzsektor wie ein Entwicklungsland, exportieren mit dem Holz Arbeitsplätze nach Asien. Viele heimische Sägewerke und holzverarbeitende Betriebe mussten aus diesem Grund in den letzten Jahren schließen. Der Holztransport um die halbe Welt treibt den Klimawandel zusätzlich weiter an: Neben den etwa 150l Rohöl, die für jeden Festmeter für den Transport verbraucht werden, schlägt vor allem die Begasung des Holzes, die China vor der Verschiffung vorschreibt, auf die CO2-Bilanz: Sie erfolgt mit dem Gas Sulfurylfluorid, das eine 4090-fach stärkere Klimawirkung als Kohlendioxid hat. Solange Europa und die Bundesrepublik diese Vorgehensweisen nicht stoppen, liegt die Verantwortung dafür auch bei den Waldbesitzern. 

  1. “Holznutzung ist nachhaltig.“

70% des Laubholzes in Deutschland werden verbrannt und treiben damit den Klimawandel weiter an. Das ist zum großen Teil Buche. Das Argument, damit werde nur vorher gebundenes CO2 freigesetzt, und nachwachsende Bäume binden auch wieder dieselbe Menge, ist in der gegenwärtigen Lage stark verkürzt: Es hat lange gedauert, bis Bäume, die jetzt verbrannt werden, CO2 aufgenommen und als Kohlenstoff in Holz gebunden haben: Ein Baum braucht Jahrzehnte bis Jahrhunderte, um zu wachsen, wir verbrennen sein Holz aber innerhalb kürzester Zeit. Mit der Verbrennung bringt man jetzt diesen Kohlenstoff zusätzlich und vergleichsweise plötzlich in die Atmosphäre, der aber erst über Jahrzehnte wieder gebunden wird. Erstens haben wir diese Zeit nicht, und zweitens ist gar nicht sicher, ob unsere Wälder im Klimawandel überhaupt wieder nennenswert CO2 binden können, wenn sie weiter geschwächt werden. Die “energetische Verwertung” von Holz ist also weder nachhaltig und dient schon gar nicht dem Klimaschutz. Heizen mit Holz ist entgegen der weit verbreiteten Meinung nicht klimaneutral. Pro produzierter Wärmeeinheit sind die CO2-Emissionen sogar höher als bei fossilen Energieträgern wie Kohle oder Gas.

Und es gibt aktuell kaum langfristige und nachhaltige Nutzungsmöglichkeiten von Buchenholz. Nur ein verschwindend kleiner Teil trägt zur langfristigen Kohlenstoff-Bindung bei, z.B. in Bauholz (Pollmeier BauBuche) oder Parkett bei. Holzprodukte wie Paletten oder Möbel werden heute schon nach wenigen Jahrzehnten der Holzverbrennung zugeführt (mittlere Verweildauer 21 Jahre).

Wir können uns also einen gewaltigen Holzhaufen aus Tausenden Festmetern Buchenholz aus dem Gemeindewald visualisieren und den virtuell anzünden, denn exakt das ist das Schicksal der meisten Buchen, die im Inland bleiben: Rauch, Asche und CO2.

Und während der virtuelle Holzhaufen brennt, könnten wir uns kurz zurücklehnen und uns fragen, ob es nicht schlauer gewesen wäre, unsere Buchen vorläufig im Wald zu belassen, damit sie dort weiter Kohlenstoff binden und helfen, unseren Gemeindewald zu stabilisieren und ihn für den Klimawandel zu rüsten. Und gerne später Buchenholz nachhaltig zu nutzen, sobald das möglich ist.

Das ist das Schicksal von Buchenholz in Deutschland: in kürzester Zeit wird es zu CO2 – Nein, Holzverbrennung ist nicht nachhaltig.

Quellen:

Alles aus Holz – Rohstoff der Zukunft oder kommende Krise. Studie im Auftrag des WWF: https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Wald/WWF-Studie-Alles-aus-Holz.pdf

Wälder in Gefahr – Deutschland verbraucht zuviel Holz. Süddeutsche Zeitung 06.07.2022: https://www.sueddeutsche.de/wissen/wald-holz-deutschland-1.5616198

Holzmangel in Deutschland – Was fehlt, wurde exportiert. Tagesschau 05.09.2022: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/holz-export-china-101.html

Export von Laubholz nach China. Forstpraxis 29.04.2018 https://www.forstpraxis.de/export-von-laubholz-nach-china-20733

Buchenexporte nach China. Holzkurier 06.04.2014: https://www.holzkurier.com/rundholz/2014/06/buchenexporte_nachchina.html

Welthandel – Holz als Klimakiller. ND aktuell 14.09.2022: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1156589.welthandel-holz-als-klimakiller.html

Deutschlands unbekannter Klimakiller. Spiegel 31.03.2021: https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/borkenkaefer-gas-sulfurylflourid-der-unbekannte-klimakiller-a-859c1ccc-77ed-4e22-8650-f9c28c20f48c

Seintsch, B. (2011): Der Rohstoff Holz zwischen stofflicher und energetischer Verwertung. Vortrag vom Johann Heinrich von Thünen-Institut auf Herbstwaldtagung der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Bad Segeberg: https://www.sdw-sh.de/vortrherbstwald2011/seintsch.pdf

Warum Heizen mit Holz keine Alternative ist. ZDF heute, 26.09.2022: https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/holz-heizen-gaskrise-schaeden-umwelt-gesundheit-100.html

Heizen mit Holz – Ist heizen mit Holz klimaneutral? Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz: https://www.bmuv.de/heizen-mit-holz/umwelt/klimaauswirkungen-von-heizen-mit-holz

»Holzverbrennung bringt zusätzlichen Kohlenstoff in die Atmosphäre«: https://www.spektrum.de/news/holzverbrennung-bringt-zusaetzlichen-kohlenstoff-in-die-atmosphaere/2092362

Klimaschutz auf dem Holzweg – Wird unser Wald verheizt? ZDF Frontal 21: https://www.zdf.de/politik/frontal/holzverbrennung-100.html

Kommentarfunktion geschlossen

NABU Menu