Mitglieder des Aktionsbündnisses Lautertaler Wald stellten im Europäischen Schutzgebiet Felsberg mit Bestürzung fest, dass auf dem Gebiet der Gemeinde Lautertal umfangreiche Fällarbeiten durchgeführt wurden. Es seien sowohl abgestorbene als auch augenscheinlich gesunde Fichten nicht nur entlang der Wege, sondern auch abseits der Wege gefällt worden. Auf einem erosionsgefährdeten Steilhang in Südostausrichtung mit starker Sonneneinstrahlung seien abgestorbene Fichten geschlagen worden. Besorgte Bürger hatten das Aktionsbündnis über stattfindende Fällungen informiert, eine Pressemitteilung der Revierförsterei hatte bevorstehende Verkehrssicherungsmaßnahmen zudem kurzfristig angekündigt.
Die Inaugenscheinnahme des Gebietes sorgte bei der Gruppierung, die sich aus Mitgliedern von Naturschutzverbänden, Bürgerinitiativen, Bürgern und Jägern zusammensetzt, aus mehreren Gründen für große Irritation:
Absprachen nicht eingehalten
Da die Naturschützer in der Vergangenheit trotz mehrfacher Anfragen an das Forstamt vor geplanten Fällungen nicht angehört worden waren, regten sie bei der letztjährigen Begehung im Felsbergwald mit Bürgermeister und Forstamt an, vor Eingriffen in FFH-Gebiete zukünftig beteiligt zu werden. Sie forderten, Einsicht in die FFH-Vorprüfung zu erhalten, welche das zuständige Forstamt vor einem Eingriff erstellen muss, um eine Verschlechterung des Schutzgebietes auszuschließen. Bürgermeister Heun hatte diesen Vorschlag als guten sachlichen Kompromiss aufgenommen und in Gegenwart von Revierförster und Forstamtsleitung positiv beantwortet. Diese Absprache wurde seitens HessenForst jedoch nicht eingehalten, eine Kontaktaufnahme habe nicht stattgefunden.
Naturwaldausweisung vorgegriffen
15% der Lautertaler Waldflächen sollen laut einer Entscheidung der Gemeindevertretung nicht mehr bewirtschaftet werden. Forstamtsleiter Herr Hering hatte in der Sitzung des Bau-, Umwelt- und Infrastrukturausschusses am 6.2.2024 der Gemeinde Lautertal vorgeschlagen, im FFH-Gebiet Felsberg Naturwaldflächen auszuweisen. Ein Einschlag in Gebiete, die potenziell für eine baldige Naturwaldausweisung infrage kommen, sei für die Naturschutzgruppen zudem in keinster Weise nachvollziehbar.
Formulierte Ziele des Forstamtsleiters nicht umgesetzt
Herr Hering führte in dieser Sitzung zudem aus, dass zum Erhalt der Buchenwälder das Kronendach möglichst geschlossen zu halten sei. Nur so sei das Waldinnenklima bei immer stärker werdenden Hitze- und Trockenperioden zu erhalten. Aus diesem Grunde würden durch den Forstbetrieb HessenForst nur Einzelstammentnahmen im Gemeindewald erfolgen. Bei der vorliegenden Fällmaßnahme seien laut dem Aktionsbündnis stattdessen das Kronendach durch die Entnahme von Baumgruppen teils stark aufgerissen worden. Im Falle der Kahlfläche auf dem Steilhang sei mit schwerwiegenden Konsequenzen wie Austrocknung und Erosion des Bodens sowie Trockenschäden an den verbleibenden Bäumen zu rechnen.
Beschlüsse der Gemeindevertretung ignoriert
Laut eines Beschlusses der Gemeindevertretung aus dem Herbst 2023 sollen zeitnah Konzepte entwickelt werden, wie die Lautertaler FFH-Gebiete zukünftig effektiver geschützt werden können. Dieser Beschluss steht laut dem Aktionsbündnis im Widerspruch zu den aktuellen Fällmaßnahmen.
Keine Notwendigkeit für Fällungen
Für die aktuellen Fällungen habe aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht keine juristische Notwendigkeit bestanden, da sie als waldtypische Gefahren durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs (2023) von der Verkehrssicherungspflicht eindeutig ausgenommen sind. Die betroffenen Waldstücke seien zudem weit entfernt von den besonders stark frequentierten Zonen rund ums Felsenmeer. Absprachen mit der Gemeinde wie das Aufstellen von Schildern zur Warnung vor waldtypischen Gefahren seien nicht eingehalten worden. Von den abgestorbenen Fichten ging keine Schädlingsgefahr mehr aus, da der Borkenkäfer bereits lange ausgeflogen war. Eventuell befallene Fichten hätten nicht gefällt werden müssen, da es im Umkreis kaum mehr gesunde Fichten gibt, die hätten befallen werden können. Der Borkenkäfer sorgt hier für einen natürlichen Waldumbau. „Hier schien es darum zu gehen, aktuell nochmal schnell Geld zu verdienen“, vermutet das Waldaktionsbündnis.
Verbleib der gefällten Bäume im Schutzgebiet
Es sei nach Ansicht der Mitglieder des Aktionsbündnisses nun dringend geboten, dass alle gefällten Bäume zur Totholzanreicherung, Wasserspeicherung und als Erosionsschutz im Gebiet verbleiben und nicht abtransportiert werden. Es sei zum einen Zielvorgabe des FFH-Bewirtschaftungsplanes, Totholz im Wald anzureichern. Zum anderen dürfe der Entscheidung, welche Gebiete als Naturwald ausgewiesen werden, nicht weiter vorgegriffen werden.
Aktionsbündnis fordert Aufklärung
Das Aktionsbündnis fordert eine zügige Aufklärung, wie es in Anbetracht der bestehenden Sachverhalte zu einer solchen Maßnahme kommen konnte. “Das Forstamt spielt mit diesem Vorgehen nicht nur mit dem Vertrauen der Naturschützer, sondern auch mit dem des Bürgermeisters, der Gemeinde und der Bürger”, so das Aktionsbündnis. Es sei auch unverständlich, warum ausführende Mitarbeiter gegen die öffentlich kommunizierte, gute Marschrichtung des Forstamtsleiters handelten. Zu prüfen sei zudem, ob die weisungsgebundene und den Gemeindewald betreuende Forstbehörde im Einklang mit dem EU- und deutschen Naturschutzrecht und zudem nicht fahrlässig bezüglich kommunaler Absprachen gehandelt hat.
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