Apr 112024
 

Für uns an der Bergstraße und im Odenwald sind Buchenwälder ein gewohnter Anblick. Weltweit sind sie jedoch einzigartig! So einzigartig, dass fünf deutsche Buchenwaldgebiete sogar als UNESCO-Weltnaturerbe ausgezeichnet sind. Und auch wenn Buchenwälder uns als wenig artenreich erscheinen: Sie beherbergen ein ganz spezifisches Artenspektrum und sind damit ihrerseits ein unersetzliches Element der weltweiten Artenvielfalt.

Das Artensterben stellt aktuell die größte von mehreren Überschreitungen der ökologischen Belastungsgrenzen der Erde dar:

Während man oft hört, dass Buchenwälder dunkle und artenarme Monokulturen seien, sind sie das Gegenteil, sowohl in sich selbst betrachtet als auch als “Puzzleteil” im globalen Ökosystem. In dieser zweifachen Rolle sind sie unverzichtbar in der Eindämmung der Krise der Artenvielfalt, und es obliegt unserer Verantwortung hier vor Ort, sie zu schützen.

Buchenwälder erscheinen tatsächlich manchmal etwas dunkel und monoton. Während der natürlichen Waldentwicklung weisen etwa 100jährige Buchenbestände den Charakter von Hallenwäldern auf. Diese Waldphase ist jedoch für geschützte Tierarten wie etwa das Große Mausohr überlebenswichtig, da es seine Nahrung am offenen Boden jagt. Auch der Schwarzspecht kann nur in diesen typischen hallenartigen Waldgesellschaften vorkommen, in denen ihr Höhlenbaum nicht Naturverjüngung umwachsen wird. Er bevorzugt Buchen dieses Alters, weil ihr Stamm glatt und oft astfrei ist, wodurch seine Höhle sicherer vor Räubern ist – ihm folgen oft die Hohltaube oder der Siebenschläfer. Der Mittelspecht ist hingegen auf Altbäume angewiesen, denn er braucht Bäume mit rauher Borke, die er bearbeiten kann, und die bekommt die Buche erst nach etwa 200 Jahren.

Artenzahl im mitteleuropäischen Buchenwald: Der Wald ist auf all diese Arten angewiesen – ohne ihr volles Spektrum wachsen auf Dauer auch keine Bäume.

Auch die bedrohte Bechsteinfledermaus braucht alte, höhlenreiche Bäume. Und hiermit sind jetzt nur einige markante (Wirbel-)Tierarten hervorgehoben, für die die hallenartigen Buchenwaldgesellschaften mittleren bis höheren Alters lebenswichtig sind – Artenvielfalt besteht jedoch aus weit mehr als den für uns sichtbaren Tiere. Vor allem auch (Kleinst-)Insekten tragen zu einer unheimlichen Artenvielfalt in Buchenwäldern bei:

In anderen Entwicklungsphasen sind natürliche Buchenwälder jedoch noch weniger monoton und erst recht nicht dunkel: Wenn Bäume alt werden und natürlich absterben, entstehen in der jahrzehntelangen Altersphase immer wieder punktuell Auflichtungen, in denen sich das Artenspektrum noch mehr ausdifferenziert. Hingegen kann die viel gescholtene „Buchen-Monokultur“ nur auftreten, wenn Wälder mit natürlicher Waldentwicklung sehr klein sind. Über die verschiedenen Altersphasen hinweg wird die Anzahl der Tierarten in Buchenwäldern auf über 10.000 geschätzt:

Das Ökosystem Wald benötigt alle Altersphasen – wie auf dem Schaubild dargestellt. Rot markiert sind hingegen die Altersphasen, in denen die Forstwirtschaft in einem Wirtschaftswald ihre Eingriffe vornimmt. Das bedeutet, dass die Bäume ab einem mittleren Alter im Wirtschaftswald nicht mehr existieren. Eine Buche kann beispielsweise über 300 Jahre alt werden, die Forstwirtschaft fällt sie aber schon mit 120-160 Jahren. Holzernte bei “Hiebsreife” Jahre beendet den natürlichen Zyklus bereits im Frühstadium und schränkt Biodiversität weitestgehend ein.
Grafik nach Hilmers et al, 2018: Biodiversity along temperate forest succession. J Appl Ecol. 2018; 55: 2756– 2766..

Buchenwälder hier bei uns – fachsprachlich genauer gesagt vor allem die Lebensraumtypen (LRT) Waldmeister-Buchenwald und Hainsimsen-Buchenwald – sind in sich betrachtet jeweils spezifische Ökosysteme. Und als solche haben sie ihren festen Platz im europäischen und letztlich im globalen Gefüge der Ökosysteme. Die Erhaltung unserer heimischen Buchenwälder trägt also dazu bei, die Krise der Artenvielfalt zu begrenzen. Mehr zu Buchenwäldern – auch warum die eine hohe genetische Anpassungsfähigkeit und damit einhergehend eine starke Widerstandskraft gegen Trockenheit mitbringen – finden Interessierte in der Auszeichnung “Buchenwaldgesellschaften – Biotop des Jahres 2024”.

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