Mai 022019
 
Plakat zur Ausstellung

Yvonne Albe stellt Bilder aus Ihrem Portfolio vor.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 15.8.2019 im Historischen Rathaus Seeheim, Ober-Beerbacher Str. 1.

Zur Vernissage waren die Räume der Bibliothek drängend gefüllt mit neugierigen Besuchern. Oliver Jung am Klavier eröffnete die Veranstaltung mit einem Stück aus den „Waldszenen“ von Robert Schumann. Frau Fischer, Leiterin der Gemeindebücherei, stellte die Fotografin Albe in herzlichen Worten vor. Anschließend führte Yvonne Albe den Bezug der Ausstellungsbilder zur Kunst der Romantik aus und erläuterte ein paar Details über ihre Fotoausstattung und die Situationen, bei denen die Waldbilder entstanden. Frau Albe brachte zum Abschluss ihre Sorge über die derzeitigen Entwicklungen in den Wäldern zum Ausdruck und stellte ein paar Organisationen vor, die sich für den Erhalt des Waldes bzw. die Schaffung neuer Wälder einsetzen. Oliver Jung rundete den offiziellen Teil mit einem weiteren Stück aus den Waldszenen ab.

Fotos der Vernissage von Tino Westphal und Jan Zeissler.


Sehnsuchtsort Wald

Mit dem Beginn der Romantik Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der Wald zu einem Ort der Sehnsucht. Dichter und Maler machten ihn zum Symbol einer ersehnten heilen und träumerischen Welt. Die Romantik war eine Antwort auf die beginnende Industrialisierung und den zunehmenden Abbau von bewaldeten Gebieten. Die Fotografien dieser Ausstellung stehen in der Tradition der romantischen Grundgedanken. Sie zeigen die Schönheiten der Natur und den Wald in seiner Vielseitigkeit: Geheimnisvoll, majestätisch, innig, wild oder strahlend.
In unserer heutigen Zeit, in der die Industrialisierung der Welt weiter fortschreitet und Maschinen in den Wäldern Einzug gehalten haben, scheint die Sehnsucht des Menschen nach dem intakten Wald weiter zu wachsen. Die Bedeutung des Waldes als Erholungsraum hat in den letzten Jahrzehnten immer mehr zugenommen. Er ist ein Zufluchtsraum, in dem der von Stress geplagte Mensch Ruhe und Entspannung finden kann.
Die Sehnsucht des Menschen nach der Natürlichkeit des Waldes steht im starken Kontrast zur Realität: 98% aller Wälder in Deutschland werden bewirtschaftet. In den verbleibenden zwei Prozent der geschützten Wälder ist mit Ausnahme der Nationalparks Holzeinschlag dennoch erlaubt.  
Bäume dienen in Deutschland vorrangig als Rohstofflieferanten. Bundesweit bringt der Wald den Forstbetrieben aktuell rund vier Milliarden Euro pro Jahr ein. 
Bäume werden bereits nach 80 bis 120 Jahren gefällt, d.h. im ersten Drittel ihrer biologischen Lebenszeit. Das hat zur Folge, dass es in den Wäldern Deutschlands kaum noch alte Bäume gibt. Tiere und Pflanzen, die auf alte Waldbestände angewiesen sind, finden in forstwirtschaftlich genutzten Wäldern kaum noch Lebensraum. 

Waldentwicklung und Waldzustand

Der Klimawandel, der sich durch verheerende Stürme, lange Dürreperioden und Fluten bemerkbar macht, wird zunehmend ein Problem für die Wälder, auch in unseren Breiten. In Deutschland sind in den vergangen Jahrzehnten viele Waldflächen durch Windwurf vor allem in Fichtenmonokulturen und Kiefernplantagen verloren gegangen, die seit über einem Jahrhundert von der Forstwirtschaft aus wirtschaftlichen Gründen dem resistenteren Mischwald vorgezogen wurden. Seit dem sehr trockenen Sommer 2018 nisten sich Schädlinge in Nadelholzbeständen ein, auf denen zur Schadensminimierung nun Kahlschläge vorgenommen werden. 
Die Waldzustandserhebung der Bundesregierung macht deutlich, dass es dem deutschen Wald seit Beginn der Erhebungen 1984 nie schlechter ging. Der Kronenzustand hat sich 2018 wegen langanhaltender Trockenheit und Schadstoffeinträgen, verursacht durch Landwirtschaft, Industrie und Verkehr, bei allen Baumarten verschlechtert. Mehr als ein Viertel der Bäume weist schwere Schäden auf. Nur 28% aller Bäume lassen laut dem Bericht der Bundesregierung keine Schäden erkennen. 
Die derzeit sehr hohen Wildbestände haben zur Folge, dass die Verjüngung oft nicht natürlich und ausreichend nachwachsen kann. Junge Pflanzen werden durch Wild gefressen, es sei denn man schützt sie mit hohem Aufwand.

Folgen der Bewirtschaftung

Bei der Bewirtschaftung wird der Wald als funktionierendes Ökosystem ebenfalls beeinträchtigt. Um bei der Holzernte Stämme aus dem Wald zu transportieren, werden mit schweren Rückemaschinen und Harvestern Gassen durch den Bestand angelegt, die sogenannten „Rückegassen“. Durch die Befahrung kommt es zu Störungen der Bodeneigenschaften. Das ökologische Netz von Wurzeln und Pilzen wird je nach Grad der Bodenverdichtung für Jahrhunderte bzw. irreversibel  geschädigt. Baumkrankheiten werden gefördert. Daher soll der Schaden auf festgelegte Gassen in größeren Abständen konzentriert werden.
Auch Schäden an den Bäumen, verursacht durch Harvester und Rückemaschinen sowie durch fallende Bäume, beeinträchtigen den einzelnen Baum in seinem Gesamtorganismus und machen ihn anfälliger gegenüber Krankheiten. Studien belegen, dass Schäden an Bäumen, die bei der Ernte durch Harvester und Rückemaschinen verursacht werden, zunehmen. Obwohl bereits geschädigte Bäume bevorzugt gehauen werden, zeigen die Schadprozente weiter eine ansteigende Tendenz. 
Durch intensive Forstwirtschaft ausgedünnte Wälder bieten anspruchsvolleren Waldarten keine Heimat mehr. 

Die Bedeutung des Waldes im Klimawandel

Wälder sind der wichtigste Kohlenstoffspeicher der lebenden terrestrischen Biossphäre. 
Wie stabil die Aufnahmefähigkeit der Wälder für CO2 ist, wird im Wesentlichen durch ihr Alter, die Qualität der Böden und ihren Artenreichtum bestimmt.
Wir brauchen naturgemäß bewirtschaftete Mischwälder mit einem größeren Anteil von älteren Bäumen sowie mehr Wälder, die konsequent der Natur überlassen werden, um dem Klimawandel und dem Rückgang der Arten entgegenzuwirken. 


Quellen:
Unser Wald. Broschüre des Ministeriums für Landwirtschaft und Ernährung
Waldzustanderhebung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft 2018
Waldzustandsbericht Hessen 2018, Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Nemestothy, N. (2009): Boden unter Druck – sind Bodenschutz und Holzernte vereinbar? BFW-Praxisinformation 19, 9 – 13
Frey, B.; Lüscher, P. (2008): Mikrobiologische Untersuchungen in Rückegassen. Bodenmikroorganismen wirken als Zeiger für stark verdichtete Fahrspuren. LWF aktuell 15, 67: 5-7
Bodenschadverdichtung – Vermeidung Regeneration Überwachung. Beiträge zum Diskussionsforum Bodenwissenschaften am 26. Oktober 2012 Hochschule Osnabrück Fakultät Agrarwissenschaften & Landschaftsarchitektur, Heft 12
FSC-Infopapier zum Thema Rückegassen 2018
Holzernte und Bodenschutz. Welches Potenzial steckt in der Wiederverwendung von alten Fahrspuren? Staatliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg 2006
Nill Michael, Kohnle Ulrich, Sauter Udo-Hans: Nehmen die Schäden eher ab oder zu? AFZ-DerWald 24/2014, S. 15-16
v. Teuffel Konstantin, Sauter Udo Hans, Delb Horst, Kändler Gerald, Kohnle Ulrich: Rindenschäden durch Holzernte: ein Forschungspaket der FVA. AFZ-DerWald 24/2014, S. 10-11
Kohnle Ulrich, Brüchert Franka, Schmid Andreas (2014): Wie sich Rindenschäden auf den Splint auswirken. AFZ-DerWald 24/2014, S. 17-19
Harthun Marc: Natürliche Wälder: Unmoralisch, zu teuer, gefährlich, unmoralisch? Naturschutz und Landschaftplanung 49 (6), 2017
Musav Talie et al.: Stand age and species richness dampen interannual variation of ecosystem-level photosynthetic capacity. Nature Ecology & Evolution volume 1, Article number: 0048 (2017)

Bilder: Wikimedia Commons, Yvonne Albe

Text: Yvonne Albe

Kommentarfunktion geschlossen

NABU Menu