Feb 242018
 

Zum Artikel „Der tiefere Sinn des Meisenknödels“ im Bergsträßer Anzeiger 21.Februar 2018

Foto: NABU-Archiv: Steinkauzförderung im Ried

Der Ornithologe Professor Peter Berthold hat sich in der jüngsten Ausgabe von „Der Bergsträßer“ zu Wort gemeldet – mit Leidenschaft und Verve als Vogelschützer. Einer Leidenschaft, die wir im eignen Verein, dem NABU Seeheim-Jugenheim, teilen.

Überraschend aber dann die Wendung: ein großer Teil des Artikels beschäftigt sich mit Angriffen gegen die Naturschutzverbände NABU und BUND. Beinahe könnte man meinen, NABU und BUND seien wesentlich verantwortlich für das Vogelsterben. Im Kern geht es in den Vorwürfen um unterschiedliche Meinungen zur Ganzjahresfütterung für Singvögel, die es in Teilen dieser Verbände gab und noch immer gibt.

Ein geradezu skandalöser Vorwurf aber ist der, der NABU würde fast agieren wie eine Sekte. Das Gegenteil ist der Fall: So viel Graswurzel-Demokratie mit aktiver Einflussnahme auf die gelebte lokale Naturschutzpraxis wie im NABU findet sich kaum irgendwo sonst. Da herrscht pure Leidenschaft am Natur- und Umweltschutz und ganz besonders dem Vogelschutz.

Auffällig aber auch: Sämtliche Empfehlungen, die von Professor Berthold zur Rettung der Vogelwelt angepriesen werden, unterstützt der NABU und setzt sie so konsequent um wie niemand sonst. Das betrifft sogar die angeblich verteufelte Ganzjahresfütterung. Denn die Wahrheit ist: Die hat nie aufgehört, und niemand wurde dafür angeprangert oder persönlich angegriffen. Die Diskussion darum wird offen und emotional geführt, und wie Professor Berthold durchaus bemerkt, ändert sich das Meinungsbild mitunter.

Während früher viele Experten negative Auswirkungen einer Ganzjahresfütterung befürchteten, sind diese Bedenken heute weitestgehend ausgeräumt. Wie viel sie allerdings tatsächlich zur Rettung unsere Vogelwelt beitragen kann, ist unter Naturschützern und Wissenschaftlern durchaus umstritten.

Auch wenn Professor Berthold anderer Meinung sein mag: Es herrscht weitgehend Konsens unter Naturschützern und Wissenschaftlern, dass die Zukunft der Artenvielfalt der Vögel weniger von der Art der Vogelfütterung abhängt, als vielmehr wesentlich von anderen Faktoren bestimmt wird, namentlich von der gegenwärtigen landwirtschaftlichen Praxis und dem massiven und ungebremst weitergehenden Flächenverbrauch.

Diese Punkte wurden ja von Professor Berthold  durchaus auch angeführt. Und an dieser Stelle wird deutlich, dass es eben doch auch politische Aktivitäten im Naturschutz geben muss, ebenso wie den direkten Einsatz beim Anlegen und Pflegen von Biotopen, sowie durchaus auch die Ganzjahresfütterung.

Meisenknödel aufhängen und insektenfreundliche Gärten fördern  – das ist NABU-Geschäft in Seeheim seit über 60 Jahren. Wer sich die Jahresberichte in den Mitgliederversammlungen von NABU und BUND Anfang Februar angehört hat, wird feststellen, wie eng und effektiv die ehrenamtlichen Helfer der lokalen Naturschutzverbände zusammenarbeiten: im Mühltal am Lindwurmteich, auf den eiszeitlichen Binnendünen um Seeheim und Bickenbach, auf den Streuobstwiesen am Blütenhang, im Stettbacher Tal bei der  Steinkauzförderung.

Wenn Professor Berthold also empfiehlt, dass sich Naturschützer doch zusammentun sollten, um Biotope anzulegen – dann wird man nicht an NABU und BUND vorbeikommen. Nie waren die Naturschutzverbände so wichtig wie heute, denn sie sind die wirklichen Interessenvertreter der Vogelwelt und bereit, hierzu ihren aktiven Beitrag zu leisten.

 

Stefan Leng

Seeheim-Jugenheim

Stellvertretender Vorsitzender vom NABU Seeheim-Jugenheim

 

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