Sep 252015
 

Naturschutzverbände und Wissenschaftler fordern Jagdreform

 

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Die hessischen Naturschutzverbände NABU, BUND und HGON und der Bundesverband wissenschaftlicher Vogelschutz haben das Land zu einer konsequenten Jagdreform aufgefordert.
Der Direktor des Frankfurter Zoos, Prof. Manfred Niekisch, mahnt, das Jagdrecht sei „antiquiert“ und müsse dringend modernisiert werden. Anlass ist eine neue Jagdverordnung, deren öffentliche Anhörung am 28. September endet.

Unterstützt werden Forderungen nach einem neuen Jagdrecht durch eine repräsentative Forsa-Umfrage von Mitte März. Danach finden es 84 Prozent der Bundesbürger wichtig, dass die Aspekte des Natur- und Tierschutzes durch die Jagdgesetze gestärkt werden.

„Tieren, die auf der Roten Liste gefährdeter Arten stehen, hilft man nicht, in dem man sie abschießt“, so Gerhard Eppler, Biologe und Landesvorsitzender des NABU Hessen. Daher müsse die Jagd auf Rebhuhn und Feldhase sofort beendet werden. Arten, deren Bestände rückläufig sind, wie die von Türkentaube und Stockente sowie Arten, bei denen die Daten zu Verbreitung und Gefährdung laut Roter Liste mangelhaft sind, sollten generell nicht mehr geschossen oder gefangen werden. Dazu gehören Baummarder, Iltis, Hermelin und Mauswiesel. Nötig sei eine beherzte Entrümpelung des hessischen Jagdrechtes, in dem selbst noch seltene Arten wie Luchs, Wildkatze, Fischotter, Waldschnepfe, Wachtel, Haselhuhn, Gänsesäger, Birkhuhn, Auerhuhn, Rotmilan und der Habicht als „jagdbare Tiere“ stehen. „Tiere, die niemand mehr jagen will, sollte man endlich aus der Liste der jagdbaren Arten herausnehmen“, fordert der BUND-Naturschutzreferent Thomas Norgall.
Dr. Klaus Richarz, Vorsitzender des Bundesverbandes wissenschaftlicher Vogelschutz, der bis vor kurzem 22 Jahre lang die Staatliche Vogelschutzwarte in Frankfurt leitete, stellt klar, dass die aktuelle Gefährdung bodenbrütender Feldvögel, wie Rebhuhn, Wachtel, Lerche und Kiebitz andere Ursachen hat als das „Raubwild“. Für die Vögel seien die intensive Landwirtschaft und das Fehlen von vielfältigen Landschaftsstrukturen das entscheidende Problem. Prof. Manfred Niekisch, Professor für Internationalen Naturschutz und Mitglied im Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) der Bundesregierung, weist die JägerArgumentation zurück, Tiere müssten reguliert werden, weil sie sonst überhand nehmen.

„Jagd wird als notwendiges Mittel der Regulation meist komplett überschätzt. Und für Arten der Roten Liste wäre eine solche Argumentation eh völlig absurd“, sagt der international renommierte Wissenschaftler. Oliver Conz, Vorsitzender der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON), fordert von der Landesregierung, endlich jegliche Jagd auf Vögel zu untersagen: „Das Töten von wildlebenden Vögeln muss in Hessen ein Ende haben! Mittelalterliches Gedankengut oder persönliches Vergnügen am Abschuss von Flugwild ist keine Rechtfertigung für Vogelmord mitten unter uns!“. Dr. Klaus Richarz weist auf die Widersprüche bei der Argumentation des Hessischen Jagdverbandes hin: „Es ist unlogisch, wenn Jäger den Abschuss von Graugänsen mit dem Verschmutzungs-Problem von Nilgänsen rechtfertigen. Graugänse leben in den Auen, Nilgänse vor allem im Siedlungsraum. Nur hier treten auch die Probleme auf.“ In den Städten und Dörfern sei eine reguläre Bejagung aber rechtlich gar nicht möglich. Die Naturschutzverbände fordern die Landesregierung auf, das Jagdrecht konsequent zu reformieren.

Hintergrund: Gefährdungs-Status von derzeit jagdbaren Tierarten Vögel (Hessische Rote Liste 2014 und Bewertung des Erhaltungszustandes durch Staatliche Vogelschutzwarte 2014)

Gänsesäger: Extrem selten, RL R

Graugans: Ungünstig-unzureichender Erhaltungszustand, sich verbessender Trend

Habicht: Gefährdet RL, Ungünstig-schlechter Erhaltungszustand, sich verschlechternder Trend

Haselhuhn: Vom Aussterben bedroht, RL 1

Rebhuhn: Stark gefährdet, RL 2, Ungünstig-schlechter Erhaltungszustand, sich verschlechternder Trend

Rotmilan: Vorwarnliste, RL V, Ungünstig-unzureichender Erhaltungszustand, sich verschlechternder Trend

Stockente: Ungünstig-schlechter Erhaltungszustand, sich verschlechternder Trend

Türkentaube: Ungünstig-unzureichender Erhaltungszustand, sich verschlechternder Trend

Waldschnepfe: Vorwarnliste, RL V; Ungünstig-schlechter Erhaltungszustand, stabil

Wachtel: Vorwarnliste, RL V; Ungünstig-schlechter Erhaltungszustand, stabil

Säugetiere (Hessische Rote Liste 1995)

Baummarder: Gefährdung anzunehmen, RL G

Feldhase: Gefährdet, RL 3

Fischotter: Galt bis 2014 als ausgestorben, RL 0

Hermelin: Verbreitungsdaten mangelhaft, RL D

Iltis: Verbreitungsdaten mangelhaft, RL D

Mauswiesel: Verbreitungsdaten mangelhaft, RL D

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