Aug 262019
 

Korallenriffe und Mangrovenwälder zählen neben Regenwäldern zu den produktivsten Ökosystemen der Welt: Sie schützen Strände und Küsten vor Tsunamis und Erosion, sind Lebensraum und Kinderstube Tausender Tierarten. Plastikmüll in den Weltmeeren bedroht diese einzigartigen Habitate.

Im nachfolgenden Bericht nimmt Sie Naturfotograf Thomas Kuhn mit nach Indonesien: ein Meeresgebiet mit der höchsten Biodiversität weltweit, aber auch rasant zunehmender Plastikmüllkonzentration.

INDONESIEN – Korallenriff bei Halmahera

Die Insel Halmahera gehört zu den Nordmolukken und liegt inmitten des sogenannten Korallendreiecks. Als eines der Meeresgebiete mit der höchsten Biodiversität weltweit beheimatet es neben unzähligen Weichkorallen mehr als 3.000 Fisch- und fast 600 verschiedene Steinkorallenarten. Ein intaktes Korallenriff ist Lebensraum zahlreicher Tiere und Pflanzen, bietet aber auch Schutz vor Küstenerosion und kann Sturmflutwellen und Tsunami abmildern.

Lebendiger Mangrovensaum

Weite Küstenabschnitte Halmaheras und der umliegenden teils unbewohnten Inseln sind von Mangrovenwäldern gesäumt. Sie bestehen aus fast 70 verschiedenen Baum- und Straucharten, die sich an Meeresküsten und brackigen Flussmündungen an die Lebensbedingungen im Wechsel der Gezeiten angepasst haben. Meeres- und Landtiere treffen hier aufeinander und teilen sich denselben Lebensraum. Die Mangrovenwurzeln sind Kinderstube zahlreicher Fisch- und Krebsarten, die später in die vorgelagerten Korallenriffe oder ins offene Meer wechseln.

Zu Wasser und zu Land

Auf die Mangroven angewiesen sind zum Beispiel Schlammspringer: Die hochspezialisierte, amphibisch lebende Fischart verbringt die meiste Zeit außerhalb des Wassers, wo sie sich hüpfend fortbewegt. In ihren Kiemenhöhlen tragen Schlammspringer einen Meerwasservorrat mit sich herum, den sie mit Sauerstoff anreichern. So können sie sich eine Weile an Land aufhalten, wo sie sogar auf Mangrovenwurzeln klettern, um Beute zu fangen. In den Küstengebieten weltweit kommen 19 verschiedene Arten von Schlammspringern vor.

Seltener Schütze

Der ebenfalls in Mangrovenwäldern heimische Schützenfisch ernährt sich ausschließlich von noch lebenden Insekten, die ins Wasser gefallen sind. Dazu bedient er sich einer ausgefeilten Jagdtechnik: Mit einem gezielten Wasserstrahl, der über vier Meter hinweg reichen kann, schießt er seine Beute von Ästen und Blättern herunter und sammelt sie anschließend an der Wasseroberfläche auf. Das Vorkommen des Schützenfischs beschränkt sich auf sieben Arten.

Schwindender Bestand

Neben Wasservögeln, die das reiche Nahrungsangebot in den Mangrovenwäldern nutzen und in den Baumkronen nisten, leben auch Säugetiere, wie der Tüpfelkuskus, in den Mangroven. Auch sie sind von der fortschreitenden Zerstörung betroffen. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist etwa die Hälfte der globalen Mangrovenbestände verloren gegangen. Der Plastikmüll ist dabei nur eine von vielen Gefährdungsursachen.

Kurzsichtige Bewirtschaftung

Um Küstenbereiche – unter anderem für den Tourismus – zu bebauen oder um landwirtschaftliche Nutzflächen, wie Palmölplantagen oder Reisfelder, auszuweiten, werden Mangrovenwälder trockengelegt. Dort, wo sie abgeholzt werden, schrumpfen die Erträge aus der Fischerei drastisch. Auch Aquakulturen, wie etwa die Garnelenzucht, gefährden die Mangroven. Hier werden Chemikalien eingesetzt, die eine dauerhafte Aufzucht über Jahre unmöglich machen. Eine Neupflanzung von Mangroven im Anschluss ist dann nicht mehr möglich.

Plastik verfängt sich

Angeschwemmter Plastikmüll gefährdet sowohl Mangrovenwälder als auch Korallenriffe und Strände. Über Flüsse und Kanäle gelangen die Kunststoffabfälle aus Dörfern und Städten ins Meer, wo sie sich sammeln und ganze Teppiche bilden. 90 Prozent des Plastiks sinkt allmählich ab und bleibt schließlich in den Korallen hängen. Fischernetze, Plastikschnüre und -tüten verfangen sich am leichtesten in den filigranen Korallen.

Kunststoff bleibt

Vor den Korallenriffen oder an Küstenabschnitten ohne Korallenriffe bleibt abgesunkenes Plastik auf dem Sand- oder Kiesgrund liegen. Anders als bei organischem Material können Mikroorganismen Kunststoffe nicht vollständig zersetzen. So werden große Plastikteile über viele Jahre zwar immer kleiner und schließlich zu Mikroplastik, werden aber nie komplett abgebaut.

Zerstörtes Idyll

Müll, der das schützende Korallenriff passiert hat, ohne sich zu verfangen, wird auf den Sandstrand gespült, wo er im Spülsaum liegen bleibt.

Kehrseite des Plastikzeitalters

Auch in den Mangrovenwäldern an Meeresküsten und Flussmündungen verfängt sich der Plastikmüll, da die Wurzeln wie ein Rechen fungieren. Der Müll verdrängt und behindert unter anderem Jungfische, die zwischen den flachen Mangrovenwurzeln Schutz und Versteck suchen.

Wir müssen handeln!

China ist der größte Verschmutzter von unsachgemäß entsorgtem Plastikmüll im Meer, gefolgt von Indonesien und den Philippinen. Durch Zersetzung entsteht sogenanntes Mikroplastik, daß wir wiederum durch den Konsum von Fischen im Körper aufnehmen.
Nach verschiedenen Angaben zufolge wird 2050 mehr Plastik als Fische in unseren Ozeanen schwimmen. Bereits heute gibt ein Verhältnis von 1:2 zwischen Plastik und Plankton, einer lebenswichtigen Nahrungsquelle für Meeresbewohner.

Mit der neu gegründeten Clean Oceans Initiative engagieren sich neben der KfW Bankengrupp im Auftrag der deutschen Bundesregierung, die Agence Française de Développement (AFD) und die Europäische Investitionsbank (EIB) mit Meeresschutzprojekten gegen die Verschmutzung der Weltmeere.

Auch wir können damit beginnen Plastikverpackungen zu meiden und verantwortungsvoll mit diesem Rohstoff umzugehen. Ein Schritt in diese Richtung hat bereits eingesetzt.

Hier sehen Sie weitere Fotos vom Aufenthalt in Halmahera in Indonesien. Der Fokus liegt auf Unterwasseraufnahmen, der noch intakten Riffe in dieser Region mit der höchsten Biodiversität weltweit:
http://visions-of-earth.net/work/halmahera-indonesia-2018/

Copyright-Vermerk: Text und Fotos von © Thomas Kuhn

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