Die häufigen und ergiebigen Niederschläge im Winter und im Frühjahr sorgten auch in unserer Region, zumindest temporär, für veränderte Strukturen in der Landschaft. Abhängig von der Durchlässigkeit der Böden füllten sich zahlreiche kleine bis größere Geländesenken mit Niederschlagswasser – durch das Regenwetter immer wieder nachgespeiste Habitate für Arten, die auf solche Strukturen existenziell angewiesen sind.
Besonders erfreulich für die NABU-Aktiven der Ortsgruppe Seeheim-Jugenheim war, dass gerade der Kiebitz, Vogel des Jahres 2024, die nach langer Zeit für ihn wieder einmal günstigen Verhältnisse nutzen und in den Altneckarschlingen erfolgreich Nachwuchs aufziehen konnte.
Anfang März waren zeitweise bis zu 100 Kiebitze an den überfluteten Geländesenken zu beobachten. Insbesondere ein mit Wintergetreide eingesäter Acker mit einer Landzunge zwischen zwei Wasserflächen hatte es den Vögeln angetan. Drei Kiebitzpaare entschieden sich schließlich zum Verbleib in diesem Gelände – zwar eine Mini-Kolonie, aber durch die Gemeinschaft doch wehrhafter bei der Abwehr von Feinden als ein einzelnes Paar.
In der Folgezeit waren in diesem Gebiet die akrobatischen Balzflüge der Kiebitze zu beobachten, verbunden mit den charakteristischen Rufen ein Highlight für Naturfreunde.
Als feststand, dass die drei Kiebitzpaare auf der weitläufigen Landzunge zwischen den beiden Senken Brutverhalten zeigten, hatte Reiner Stürz vom Landschaftspflegeverband Darmstadt-Dieburg den Zugang zu diesem Bereich mit einem Elektro-Schutzzaun gegen Prädatoren, vor allem Füchse, erfolgreich abgesichert.
Nach gut drei Wochen Brutzeit wurde es dann unruhig auf der Landzunge. Kiebitze sind Nestflüchter, die sofort nach dem Schlüpfen das Nest verlassen und – anders als bei Gänsen und Enten – nicht im Familienverband bleiben, sondern einzeln im Gelände umher wuseln.
Eine Herkulesarbeit für die Kiebitzeltern, den Nachwuchs unter ständigem Rufen einigermaßen unter Kontrolle zu behalten. Hinzu kommt, dass die Altvögel in diesem Zeitraum jeden Vogel, von der Rabenkrähe bis zum Rotmilan, attackieren, der sich dem Brutgebiet nähert.
Nur zum Ausruhen und Aufwärmen kommen die Küken immer wieder zu den Elternvögeln zurück, wobei überwiegend das Weibchen dieses sogenannte „Hudern“ übernimmt. Dies ist die einzige Gelegenheit für Beobachter, eine halbwegs genaue Zählung des Nachwuchses hinzubekommen.
Wiederholte Zählungen ergaben, dass die drei Kiebitzpaare zusammen mindestens zehn Junge haben, von denen jetzt mindestens drei bereits flügge sind.
Mittelfristig machen sich NaturschützerInnen ernsthafte Sorgen um die früher so häufigen Feldvögel, wie Kiebitz, Rebhuhn und Feldlerche, insbesondere nach der Streichung der verpflichtenden Anlage von Brachflächen bei der Agrar-Förderung für die Landwirtschaft.
Mit ein paar passenden Habitaten und einfachen Schutzmaßnahmen, wie in diesem Fall hier, wäre dem dramatischen Abwärtstrend sehr erfolgversprechend entgegenzusteuern.
Videoclip: https://youtu.be/4JHnH5SLuNY?feature=shared
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