Mrz 152023
 

Der Biber ist zurück an der Modau in Mühltal

In Nieder-Ramstadt am Südufer der Modau, westlich des geplanten Riese & Müller-Parkplatzes, gibt es an der Brücke eindeutige Spuren des Bibers: Dicke Pappel- und Espenstämme sind benagt und gefällt worden und ein Biberdamm ist entstanden. Durch den dadurch gestiegenen Wasserspiegel bleibt der Zugang zur gut getarnten Wohnröhre stets unter der Wasseroberfläche. Hier ist Platz für eine Biberfamilie, ideal als Startpunkt für die Wiederbesiedlung der Modau-Auen durch den großen Nager, der so lange verschwunden war.

Foto: NABU/Klemens Karkow – Biber (Symbolbild)

Biber sind die besten Naturschutz-Mitarbeiter, um wieder naturnahe Auenstrukturen herzustellen.

NaturschützerInnen freuen sich über die Rückkehr des Bibers in unsere Region, sind gleichzeitig aber alarmiert, denn an genau diesem bisher noch weitgehend unverbauten Modauabschnitt mit naturnahen flachen Uferrändern wird gerade ein massiver Eingriff in den Bach und die umliegende Auenlandschaft vorgenommen: mitten in diesem sensiblen Naturraum werden aktuell ein Parkplatz für etwa 300 Autos und eine Brücke errichtet. NaturschützerInnen sorgen sich, dass der neue besiedelte Biber-Lebensraum in unmittelbarer Zukunft zerstört wird, denn das Tier würde von seinen Futterquellen abgeschnitten sowie ein großer Teil der Uferausstiege verbaut werden.

In Deutschland stehen Biber unter strengem Schutz und sind nach dem Bundesnaturschutzgesetz und der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union als streng geschützte Art eingestuft. Das bedeutet, dass es grundsätzlich verboten ist, Biber und ihre Lebensräume zu stören oder zu zerstören.

Zerstörungen der Uferstrukturen in der Modauaue

Es ist daher vollkommen unverständlich, dass die Gemeinde Mühltal es zulässt, den verbliebenen Auenbereich der Modau weiter zu versiegeln.

Bereits in den NABU-Stellungnahmen zum Bauvorhaben wurde festgestellt, dass das Südufer der Modau eines besonderen Schutzes bedarf. Die Eingriffe, die den Überschwemmungsbereich der Modau betreffen, müssen ausschließlich an diesem Bach kompensiert werden. Eine Verrechnung über Ökopunktekonten oder durch die Anlage einer Streuobstwiese an anderer Stelle ist nicht tolerabel. Wir halten eine umfangreiche Kompensation der Eingriffe in der Modau-Aue für erforderlich und zielführend. Aufgrund der Überwärmung von Landschaft und Gewässern bei gleichzeitig langanhaltend fehlenden Niederschlägen – beides ist im letzten Jahr 2022 an vielen Orten offensichtlich geworden! – ist es dringend geboten, die Südseite der Modau durch einen breiten Streifen Schatten spendender, Kühlung erzeugender Begleitbepflanzung zu verbessern. Dort, wo ein Eingriff in den Gewässerkörper stattfindet, muss er kompensiert werden, um eine zumindest gleichwertige oder auch bessere Gewässerqualität zu erreichen. Die vage angedachte Verbesserung der Modau-Aue auf der Nordseite sollte außerdem umgesetzt werden. Die bloße Festsetzung eines 10-Meter-Gewässerrandstreifens – also gerade einmal das Erreichen von Gesetzeskonformität – ist nicht ausreichend, sondern eine Selbstverständlichkeit.

Spätestens mit dem Auftauchen des Bibers im Gebiet aber ist eine Neubewertung der Lage erforderlich.

Die Wasserrahmenrichtlinie – ein Rechtssystem, das die weitere Zerstörung von Flussauen nicht aufhält

Die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) der Europäischen Union hat zum Ziel, bis zum Jahr 2027 einen guten ökologischen Zustand aller europäischen Oberflächengewässer zu erreichen. Dies umfasst auch die Erhaltung und Wiederherstellung von Flussauen als natürliche Lebensräume.

Die WRRL und das deutsche Wasserrecht sehen eine Einschränkung oder Vermeidung der weiteren Zerstörung von Flussauen vor. Dies bedeutet, dass Maßnahmen, die eine Verschlechterung oder Zerstörung von Flussauen bewirken könnten, vermieden oder nur mit Ausnahmegenehmigungen durchgeführt werden dürfen.

In der Praxis bedeutet dies, dass beispielsweise der Bau von Uferbefestigungen, Brücken oder anderen Strukturen, die das natürliche Fließen des Wassers beeinträchtigen oder Lebensräume für Tiere und Pflanzen zerstören könnten, nur in Ausnahmefällen genehmigt werden darf. Stattdessen sollen alternative Maßnahmen, wie beispielsweise die Schaffung von Auenlandschaften und die Renaturierung von Flüssen, gefördert werden.

Im Maßnahmenprogramm des Modauverbands zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie, deren Mitglied die Gemeinde Mühltal ist, hat sich die Gemeinde Mühltal sehr konkret verpflichtet – Zitat „Die Fließstrecke der Modau muss östlich der B426A morphologisch optimiert werden. Dazu sind Gewässerrandstreifen von bis zu 20 m zu etablieren. Aufgrund des hohen Regenerationspotentials ist an geeigneten Stellen punktuell der Uferverbau als Initialmaßnahme zu entfernen.“

Die Gemeinde Mühltal handelt hier in deutlichem Widerspruch zu ihrer Selbstverpflichtung.

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