Bürgermeister*inwahl 2023
Die NABU-Ortsgruppe stellte den Bürgermeister-Kandidaten anlässlich der Wahl am 8.10.2023 Fragen zu Klima- und Naturschutz-relevanten Themen.
Wir haben die Antworten der drei Kandidaten Markus Hennemann, Mitja Stachowiak und Sven Aßmus zusammengefasst.
Unser Fragenkatalog
Wie möchten Sie lokal zur Eindämmung der Klimakrise beitragen? Wie kann unsere Gemeinde nachhaltiger werden?
Die Einhaltung des 1,5° Ziel des Pariser Klima-Abkommens ist zum Erhalt unserer Lebensgrundlagen außerordentlich wichtig, aber aktuell stark gefährdet. Wo sehen Sie konkrete Potenziale den CO2 Ausstoß in der Gemeinde zu verringern? Wie kann die Gemeinde zur Verkehrs- und Energiewende beitragen?
Wie wollen Sie den fortschreitenden Flächenfraß eindämmen?
Der Flächenverbrauch durch Baumaßnahmen ist eine der größten Bedrohungen für unsere Natur und kann durch sogenannte „Ausgleichsmaßnahmen“ nicht abgemildert werden. Eine weitere Vergrößerung der Verkehrs- und Siedlungsfläche durch neue Baugebiete und Bauvorhaben im Außenbereich wäre aus Naturschutzsicht katastrophal. Als primäre Planungsinstanz haben hier die Gemeinden eine besondere Verantwortung.
Speziell zum Gewerbegebiet „In der Delle“: Gibt es aus ihrer Sicht Alternativen?
Speziell zur Ausgleichsfläche „Östlich der Waldkolonie“: Die Ausgleichsfläche im Gebiet „Östlich der Waldkolonie“ werden seit 16 Jahren missbräuchlich genutzt. Auch die von der Gemeindevertretung am 19.05.2022 beschlossenen Maßnahmen sind bis heute nicht umgesetzt. Es entsteht der Eindruck, dass Vorgaben nicht mit durchgesetzt werden. Bitte kommentieren sie die Situation und geben einen Ausblick.
Welche Maßnahmen planen Sie, um natürliche Lebensräume und Artenvielfalt in der Gemeinde und auf gemeindeeigenem Land zu fördern?
Der Verlust von Artenvielfalt schreitet rasend voran, wir beobachten in den letzten Jahren den Verlust immer weiterer Arten auf dem Gebiet unserer Gemeinden. Die Gemeinde als Grundstückseigentümer könnte die Artenvielfalt durch geeignete Pflegemaßnahmen oder bei Verpachtungen (siehe: https://www.fairpachten.org/) fördern.
Unterstützen Sie eine naturnähere Bewirtschaftung des Gemeindewaldes und wie möchten Sie dies umsetzen?
Der Wald erfüllt heute vielfältige Funktionen. Er wird als Naturraum zu Erholung geschätzt, er ist Lieferant für Holz, CO2-Speicher und Schutzraum für Tiere und Pflanzen.
Welche Funktion(en) stehen für Sie im Vordergrund? Was möchte Sie tun, um den Wald zu unterstützen, damit er in Zeiten des Klimawandels diese Funktion(en) weiter erfüllen kann?
Welchen Stellenwert nimmt der Gemeindewald in Ihrem Waldprogramm ein?
Wie stehen Sie zur Einrichtung eines Runden Tisches Wald und der Einbeziehung externer Expertise?
Unterstützen Sie die Ausweisung von Naturwalflächen im Gemeindewald? Wenn es nach Ihnen ginge, wie viel Prozent des Gemeindewaldes würden Sie gerne der Natur überlassen?
Halten Sie ein Moratorium für den Holzeinschlag für sinnvoll, um dem geschwächten Wald eine Erholung zu ermöglichen?
Mit dem Förderprogramm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ der Bundesregierung kann die Gemeinde auf einfache Weise mit dem Wald gutes Geld verdienen. Welche Anstrengungen werden Sie unternehmen, dass es zur Teilnahme an diesem Programm kommt?
Und hier die Antworten
Wie möchten Sie lokal zur Eindämmung der Klimakrise beitragen? Wie kann unsere Gemeinde nachhaltiger werden?
Die Einhaltung des 1,5°-Ziels des Pariser Klima-Abkommens ist zum Erhalt unserer Lebensgrundlagen außerordentlich wichtig, aber aktuell stark gefährdet. Wo sehen Sie konkrete Potenziale den CO2-Ausstoß in der Gemeinde zu verringern? Wie kann die Gemeinde zur Verkehrs- und Energiewende beitragen?
Markus Hennemann
In meinem Programm habe ich ein spezielles dreiseitiges Kapitel dem Thema „Für ein klimafreundliches Bickenbach“ gewidmet. Daran können Sie erkennen, dass für mich die Themen Klimaschutz und Walderhalt eine zentrale Aufgabe der Gemeinde Bickenbach und meiner Arbeit als Bürgermeister sind. Ein Teil meiner Antworten auf Ihre Fragen ergibt sich direkt aus diesem Kapitel meines Programms.
Gerne beantworte ich darüber hinaus Ihre Fragen folgendermaßen:
Beispielsweise durch die Schaffung wohnortnaher, attraktiver Arbeitsplätze im nachhaltigen Gewerbegebiet „In der Delle“ tragen wir zur Reduzierung des CO2- Ausstoßes bei. Dies geschieht direkt beispielsweise durch die verpflichtende Installation von Photovoltaik-Anlagen und die vorgeschriebenen Gründächer, indirekt beispielsweise durch die Verringerung des Individualverkehrs durch wohnortnahe und exzellent an den ÖPNV angebundene Arbeitsplätze. Im Sinne der Nachhaltigkeit ist zudem die Regenwassernutzung in diesem Gewerbegebiet vorgeschrieben.
Mitja Stachowiak
Wichtigste Aufgabe der Kommunen wird sein, die Menschen in Sachen Gebäudesanierung und Umstellung auf Wärmepumpen mitzunehmen. Je schneller Bickenbach eine kommunale Wärmeleitplanung vorlegt, desto schneller können wir den Einbau neuer Gas- oder Ölheizungen verbieten. Insbesondere dort, wo Straßensanierungen anstehen, kann auch unkompliziert ein Wärmenetz eingebaut werden. Ich möchte vor allem kalte Nahwärme in großen Teilen des Ortes anbieten, um bessere Jahresleistungszahlen für Wärmepumpen zu realisieren.
Sven Aßmus
Die bereits begonnene Überprüfung der gemeindeeigenen Gebäude sollte schnellstmöglich fertiggestellt werden. Aus dem Ergebnis dieser Prüfung soll ein Prioritäten-Plan von energetischen Sanierungsmaßnahmen entwickelt werden. Hierzu gehört für mich auch die Prüfung, ob die Gebäude für den Einsatz von PV-Anlagen geeignet sind.
Wie die Gemeinde dies bereits bei den Festlegungen zum Gewerbegebiet „In der Delle“ getan hat, können Festlegungen in künftigen Bebauungsplänen zu Begrünung und Einsatz erneuerbarer Energien erfolgen.
Schon heute wird der Bickenbacher Bahnhof gerne von Pendlern Richtung Darmstadt/Frankfurt genutzt. Leider ist die Rhein-Neckar-Bahn schon heute überlastet, so dass Verspätungen an der Tagesordnung sind. Dies macht es schwierig, Pendler, die auf einen zuverlässigen Umstieg (z.B. in Darmstadt Richtung Wiesbaden/Mainz) angewiesen sind, zum Umstieg auf den ÖPNV zu bewegen. Hierfür wäre ein Ausbau der Rhein-Neckar-Bahn nötig. Dies liegt nicht in der Zuständigkeit der Gemeinde Bickenbach. Gerne werde ich mich aber auf allen Ebenen hierfür einsetzen.
In Bickenbach sehe ich das Potenzial, die Pünktlichkeit der Buszubringer zum Bahnhof zu optimieren und ggf. für einen ausreichenden Takt zu sorgen. Auch die Möglichkeiten die Busdirektverbindung nach Bensheim auszubauen, sehe ich als prüfenswert.
Wie wollen Sie den fortschreitenden Flächenfraß eindämmen?
Der Flächenverbrauch durch Baumaßnahmen ist eine der größten Bedrohungen für unsere Natur und kann durch sogenannte „Ausgleichsmaßnahmen“ nicht abgemildert werden. Eine weitere Vergrößerung der Verkehrs- und Siedlungsfläche durch neue Baugebiete und Bauvorhaben im Außenbereich wäre aus Naturschutzsicht katastrophal. Als primäre Planungsinstanz haben hier die Gemeinden eine besondere Verantwortung.
Markus Hennemann
Bei der Neuausweisung von Wohn- oder Gewerbegebieten wird stets geprüft werden, ob nicht zunächst Maßnahmen der Innenverdichtung möglich sind, mit denen das gleiche Ziel erreicht werden kann. Durch den Bau der „Neuen Mitte“ mit rund 70 Wohnungen wurde beispielsweise ein erheblicher Flächenfraß am Ortsrand vermieden. In der wirtschaftsstarken Zuzugsregion Rhein-Main-Neckar werden aber immer auch bisher landwirtschaftlich genutzte Flächen zu Wohn- oder Gewerbegebieten werden. Zumindest teilweise kann diese intensivere Nutzung aber ausgeglichen werden, wie beispielsweise bei der „Neuen Mitte“ durch Elemente einer Schwammstadt wie beispielsweise die vorgeschriebenen Gründächer.
Mitja Stachowiak
Flächenversiegelung muss in den nächsten Jahren auf Nettonull gebracht werden. Die gute Infrastruktur in Bickenbach (Main-Neckar-Bahn) rechtfertigt es, dass wir speziell hier noch neue Flächen erschließen – das geplante Industriegebiet meiner Heimatgemeinde (Reinheim) sehe ich da kritischer. Im Bebauungsplan für das Gewerbegebiet VII steht viel zur Verkehrsqualität an Einmündungsstraßen, aber kein Wort zu einem möglichen Gleisanschluss für die neuen Gewerbe.
Da diese offenbar gar kein Interesse an einer Nutzung der anliegenden Bahnlinie haben, besteht aus meiner Sicht kein Anlass, hier derart großzügig Flächen zu versiegeln. Die Gemeinde geht ein finanzielles Risiko ein, indem sie die Erschließungskosten vorstreckt. Das Gewerbegebiet wird als „nachhaltig“ gelabelt, dabei auch auf ein mögliches BHKW verwiesen. BHKW sind in abgelegenen Gewerbegebieten völlig fehl am Platz. Bei jedwedem Neubau sind die Energiestandards bereits so hoch, dass nur eine geringe Wärmenachfrage besteht. Ein BHKW gehört in den Ortskern, wo viele schwer dämmbare Altbauten auf engem Raum stehen und ggf. Rathaus und Feuerwehr eine Notstromversorgung erhalten können. Ferner steht offenbar noch gar nicht fest, welche Betriebe sich hier ansiedeln würden.
Sven Aßmus
1. Das Gewerbegebiet „In der Delle“ ist die logische Fortsetzung der Gewerbegebiete nach Süden. Dazu ist das Gebiet bereits rundum von Bebauung umgeben und liegt somit nicht im Außenbereich. Von daher halte ich die Ausdehnung der Gewerbefläche in dieser Richtung, gerade auch im Hinblick auf die bereits oben erwähnten Festlegungen des Bebauungsplans für vertretbar.
Soweit mir bekannt ist, wäre auch eine Ausdehnung des Gewerbegebietes Richtung Norden möglich gewesen. Aufgrund der bereits rundum bestehenden Bebauung halte ich das Gebiet „In der Delle“ für die bessere Alternative.
2. Ihre Aussage „die Ausgleichsflächen im Gebiet „Östlich der Waldkolonie“ werden seit 16 Jahren missbräuchlich genutzt, ist nicht korrekt. Nach Mitteilung von Bürgermeister Hennemann wurde bei einer Begehung vor zwei Jahren durch ein Fachbüro festgestellt, dass 80 % der vorgesehenen Maßnahmen durch die Eigentümer umgesetzt wurden und damit eine Ausgleichsfläche geschaffen wurde.
Den Stand der Umsetzung des Beschlusses der Gemeindevertretung vom 19.05.2022 kann ich nicht beurteilen. Es passt jedoch ins Bild, dass unliebsame Beschlüsse der Gemeindevertretung vom Bürgermeister nur zögerlich bearbeitet werden.
Die aktuelle Beschlusslage halte ich für unglücklich, da Eigentümer, die die Vorgaben des Bebauungsplanes eingehalten haben, jetzt nochmal einen Ausgleich durchführen müssen. Eine Konzentration der Bemühungen, die Ausgleichsmaßnahmen nachzufordern, sollte sich daher auf die Eigentümer beschränken, die die Vorgaben nicht oder nur in geringem Umfang umgesetzt haben.
Welche Maßnahmen planen Sie, um natürliche Lebensräume und Artenvielfalt in der Gemeinde und auf gemeindeeigenem Land zu fördern?
Der Verlust von Artenvielfalt schreitet rasend voran, wir beobachten in den letzten Jahren den Verlust immer weiterer Arten auf dem Gebiet unserer Gemeinden. Die Gemeinde als Grundstückseigentümer könnte die Artenvielfalt durch geeignete Pflegemaßnahmen oder bei Verpachtungen (siehe: https://www.fairpachten.org/) fördern.
Markus Hennemann
Die Gemeindevertretung hat beschlossen, die Ausgleichsfläche in der Waldkolonie, die deutlich vor Beginn meiner Amtszeit als Bürgermeister teilweise nicht B-plankonform umgesetzt wurde, auf Kosten der betroffenen Grundstückseigentümer zu verlegen. Sobald eine schriftliche Zusage der Eigentümer vorliegt, dass sie sämtliche anfallenden Kosten (Verfahrenskosten, Grundstücksankauf, Pflegekosten, …) übernehmen, werde ich dieses Verfahren in Gang setzen.
Sollte diese Zusage nicht erfolgen, würden die Eigentümer von der Gemeinde aufgefordert werden, einen B-plankonformen Zustand innerhalb einer angemessenen Frist herzustellen.
Mitja Stachowiak
Ein sehr akutes Problem ist der Rückgang an Insekten. Eine obligatorische Maßnahme ist die Vermeidung von Lichtverschmutzung. Straßenlaternen können früher ausgeschaltet werden, ggf. auch auf rotes Licht setzen, was jedoch mehr Energiebedarf für die gleiche wahrnehmbare Helligkeit bedeutet. Als erster Schritt sollten Lichtquellen, die von außerhalb der bebauten Fläche sichtbar sind, genauer betrachtet werden. Dazu sollte die Gemeinde ein regelmäßiges Monitoring durchführen.
Auf den wenigen Äckern bei Bickenbach werden derzeit noch Zuckerrüben angebaut. Die Erträge sind jedoch aufgrund der Trockenheit entlang der Bergstraße signifikant eingebrochen. Vor dem Hintergrund des Mercosur-Handelsabhommens ist es ohnehin fraglich, welche Zukunft die Zuckerrübe in Deutschland hat. Landwirte sollten frühzeitig den Anbau alternativer Nutzpflanzen testen. An dieser Stelle verweise ich, wie schon bei meiner Kandidatur in Roßdorf, auf die durchwachsene Silphie. Diese kommt gut mit Trockenheit klar und die verholzenden Stängel sind geeignet, um daraus Papier herzustellen. Da Russland wohl als Holzlieferant dauerhaft wegfällt, könnte die Nachfrage für solche Papierfasern steigen.
Sven Aßmus
Hier sehe ich die örtlichen Landwirte als (Ansprech-)Partner. Ein Ersatz für die Artenvielfalt, besonders im Bereich von Insekten und Bienen, besteht nicht. Die Landwirte sind daher für Ihren Lebensunterhalt auf ein „Funktionieren“ der Natur angewiesen und sollten also ein Interesse am Erhalt der Artenvielfalt haben.
Ihre Musterverträge für die Verpachtung gemeindlicher Flächen nehme ich als Anregung gerne auf.
Unterstützen Sie eine naturnähere Bewirtschaftung des Gemeindewaldes und wie möchten Sie dies umsetzen?
Der Wald erfüllt heute vielfältige Funktionen. Er wird als Naturraum zu Erholung geschätzt, er ist Lieferant für Holz, CO2-Speicher und Schutzraum für Tiere und Pflanzen.
- Welche Funktion(en) stehen für Sie im Vordergrund? Was möchte Sie tun, um den Wald zu unterstützen, damit er in Zeiten des Klimawandels diese Funktion(en) weiter erfüllen kann?
- Welchen Stellenwert nimmt der Gemeindewald in Ihrem Waldprogramm ein?
- Wie stehen Sie zur Einrichtung eines Runden Tisches Wald und der Einbeziehung externer Expertise?
- Unterstützen Sie die Ausweisung von Naturwalflächen im Gemeindewald? Wenn es nach Ihnen ginge, wie viel Prozent des Gemeindewaldes würden Sie gerne der Natur überlassen?
- Halten Sie ein Moratorium für den Holzeinschlag für sinnvoll, um dem geschwächten Wald eine Erholung zu ermöglichen?
- Mit dem Förderprogramm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ der Bundesregierung kann die Gemeinde auf einfache Weise mit dem Wald gutes Geld verdienen. Welche Anstrengungen werden Sie unternehmen, dass es zur Teilnahme an diesem Programm kommt?
Markus Hennemann
Unser gültiges Forsteinrichtungswerk sieht die Erholungsfunktion als die wichtigste Aufgabe unseres Waldes an. Dies sehe ich genauso. Gemeinsam mit den Experten von Hessenforst sind wir den klimaresilienten Umbau unseres Gemeindewaldes seit Beginn meiner Amtszeit konsequent angegangen. Wir haben in dieser Zeit beispielsweise 30.000 standortgerechte Bäume in unserem Wald gepflanzt. Erste, kleine Erfolge sind bereits erkennbar, naturgemäß ist allerdings ein langer Atem notwendig, bis die Veränderungen auch deutlicher sichtbar werden.
Leider ist die Gemeindevertretung der Anregung, eine Waldkommission beim Gemeindevorstand einzurichten, in der Klimaexperten auch mit Stimmrecht mitarbeiten können, nicht gefolgt und hat stattdessen einen Ausschuss der Gemeindevertretung beschlossen. Dieser Ausschuss fällt allerdings nicht in meine Zuständigkeit.
In den Bereichen, in denen die Kiefer bisher nicht dominant war, existieren oft noch geschlossene Waldflächen, die keiner Unterstützung benötigen. Solange dies so bleibt, sehe ich keinen Anlass dazu, dass in diesen Flächen der Mensch eingreifen sollte. In stark geschädigten Flächen allerdings will ich dem Wald bei der Verjüngung aktiv helfen.
Holzeinschlag aus wirtschaftlichen Überlegungen findet in unserem Wald bereits seit Jahren nicht mehr statt.
Mitja Stachowiak
Der Wald erfüllt heute vielfältige Funktionen. Er wird als Naturraum zu Erholung geschätzt, er ist Lieferant für Holz, CO2-Speicher und Schutzraum für Tiere und Pflanzen.
Welche Funktion(en) stehen für Sie im Vordergrund? Was möchte Sie tun, um den Wald zu unterstützen, damit er in Zeiten des Klimawandels diese Funktion(en) weiter erfüllen kann.
Welchen Stellenwert nimmt der Gemeindewald in Ihrem Waldprogramm ein?
Der Wald ist vor allem ein schützenswerter Lebensraum. Die Bedeutung eines Waldes bemisst sich nicht nur an seiner Gesamtfläche, sondern auch an der Größe zusammenhängender Waldgebiete, in denen Tiere Zuflucht finden können. In Bickenbach ist der Durchgangsverkehr – wie vielerorts – ein Problem geworden. Mit Verkehrsumleitungen auf über die Berta-Benz-Straße ist der Nutzen von alter Infrastruktur, wie der Pfungstädter Straße, in Frage zu stellen. Falls ein weiteres Gewerbegebiet unbedingt erforderlich sein sollte, möchte ich anregen, als Ausgleich die Pfungstädter Straße von Bickenbach bis zur Einmündung in die Berta-Benz-Straße abzureißen und den Wald als zusammenhängendes Biotop wiederherzustellen.
Wie stehen Sie zur Einrichtung eines Runden Tisches Wald und der Einbeziehung externer Expertise?
Unterstützen Sie die Ausweisung von Stilllegungsflächen im Gemeindewald? Wenn es nach Ihnen ginge, wie viel Prozent des Gemeindewaldes würden Sie gerne der Natur überlassen (Wegesicherung ausgenommen)?
Ich unterstütze die Ausweisung von Stilllegungsflächen. Jedoch möchte ich dazu sagen, dass ich kein Kirchturmpolitiker bin. Der Bickenbacher Wald ist sehr klein und wie Wertvoll die Stilllegung kleinerer verstreuter Flächen im Vergleich zu einigen großen Wäldern, die man komplett aus der Nutzung nehmen könnte ist, kann ich derzeit nicht beurteilen. Ggf. ist eine deintensivierte Nutzung des gesamten Waldes sinnvoller, wenn dafür andernorts ein sehr viel größerer Urwald entstehen kann.
Über solche Fragen kann ein Runder Tisch sicherlich beraten, dafür ist eine überregionale Zusammenarbeit anzustreben.
Halten Sie ein Moratorium für den Holzeinschlag für sinnvoll, um dem geschwächten Wald eine Erholung zu ermöglichen?
Die Klimaschäden in deutschen Wäldern haben in den letzten Jahren den Einschlag großer Mengen Holz erforderlich gemacht, Deutschland exportierte ab 2019 sogar mehr Holz, als es importierte. Die Wälder müssen in Zukunft stärker in den Klimawandel angepasst werden. Das bedeutet auch, statt Fichte andere Baumarten zu pflanzen. Die Holzerträge werden mit weniger ertragreichen Bäumen dann auch langfristig zurückgehen müssen. Wichtig ist, schon jetzt Holz sparsamer einzusetzen, auch wenn die letzten Jahre einen anderen Trend gesetzt haben.
Ich recycle für meine Wahlplakate Schrankrückwände vom Sperrmüll. Diese mit Epoxydharz verklebten Spanplatten sind ansonsten aber kaum wiederverwendbar. Das ist für mich keine nachhaltige Nutzung von Holz.
Da trotz allem auch in den nächsten Jahren der Einschlag von Kalamitätsholz zur Debatte stehen könnte, würde ich kein generelles Moratorium aussprechen, sondern entsprechende Quoten vorgeben.
Sven Aßmus
Für mich ist der Wald in erster Linie die natürliche Umgebung für Tiere und Pflanzen. Aber auch der Erholungsfunktion messe ich großen Wert bei. Die wirtschaftliche Komponente sehe ich bei der Größe des gemeindlichen Waldes eher unbedeutend.
Ich unterstütze den in der Sitzung der Gemeindevertretung vom 19.07.2023 verabschiedeten gemeinsamen Antrag der Fraktionen von Komm,A, CDU und FDP zur Erarbeitung eines klimaangepassten Waldmanagements in der Gemeinde Bickenbach.
Dieser teilt sich einmal in die Teilnahme der Gemeinde am Förderprogramm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft.
Zum Anderen soll aus dem vom Gemeindevorstand vorgelegten 10-Punkte-Plan zur Bewirtschaftung des Bickenbacher Waldes ein Waldentwicklungsplan erarbeitet werden. Dieser soll Grundlage des 2025 neu zu beschließenden Forsteinrichtungswerkes werden.
Zur Erarbeitung dieses Plans hat die Gemeindevertretung mit ihrem Beschluss einen eigenen Ausschuss für dieses Thema geschaffen, zu dem auch externe Fachleute eingeladen werden sollen.
Ein Moratorium für den Holzeinschlag bis zum Beschluss des Waldentwicklungsplanes würde ich begrüßen. Die Expertise von außen wurde von den drei Fraktionen, die den Beschluss vom 19.07.2023 getragen haben, ja gerade begrüßt, um mehr Fachwissen in die Diskussion über „den richtigen Weg“ zum Erhalt unseres Gemeindewaldes zu bringen. Flächenstilllegungen im Gemeindewald halte ich grundsätzlich für sinnvoll. Aber um einzuschätzen, welcher Anteil an Flächen geeignet ist, bin auch ich auf die Expertise von außen angewiesen.
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