Hessische Rekordergebnisse bei der „Stunde der Wintervögel“
Wetzlar – Viele Menschen treibt in diesem Winter die Frage um: Wo sind die Vögel geblieben? Auffallend wenig Meisen, Finken und andere Vögel ließen sich in den vergangenen Monaten an Futterstellen sowie in Gärten und Parks blicken. Dass diese Beobachtung flächendeckend zutrifft, bestätigte jetzt Deutschlands größte wissenschaftliche Mitmach-Aktion, die „Stunde der Wintervögel“. Allein in Hessen zählten 9.211 Vogelfreunde Anfang Januar eine Stunde lang über 205.513 Vögel in 6.363 Gärten und meldeten die Beobachtungen an den NABU – ein absoluter Rekordwert für das Bundesland.
„Die Sorge um ausbleibende Vögel hat viele Menschen beschäftigt. Und in der Tat: So wenige Vögel wie in diesem Winter hatten wir schon lange nicht mehr“, sagte NABU-Landesvorsitzender Gerhard Eppler. Insgesamt beobachteten die Teilnehmer durchschnittlich 17 Prozent weniger Tiere als in den Jahren zuvor.
Vor allem bei den häufigen Wintervögeln und Futterhausbesuchern, darunter alle Meisenarten, aber auch Kleiber und Kernbeißer, wurden die bisher niedrigsten Zahlen seit Beginn der Aktion im Jahr 2011 verzeichnet. Pro Garten ließen sich im bundesweiten Schnitt nur rund 34 Vögel und acht verschiedene Arten sehen – sonst liegt der Schnitt bei rund 41 aus neun Arten.
„Einige Arten hatten dieses Jahr offenbar kaum Wanderlust – was zu den teils deutlichen Rückgängen geführt hat. Das gilt vor allem für jene, die im Winter häufig Besuch von ihren Artgenossen aus dem kälteren Norden und Osten bekommen. Dazu zählen auch die meisten Meisenarten“, so Eppler. Auffällig ist, dass die Rückgänge bei Meisen und Co. im Norden und Osten Deutschlands gering ausfallen. In Hessen waren Kohl- und Blaumeise mit Abnahmen von 47 bzw. 40 Prozent dagegen viel seltener zu sehen als im Vorjahr. Manche Wintervögel haben wohl aufgrund des – bis zum Beginn des Zählwochenendes – noch extrem milden Winters auf halber Zugstrecke Halt gemacht.
Im Gegensatz dazu sind Arten, die im Winter von Deutschland aus teilweise nach Süden abwandern, in diesem Jahr besonders häufig hier geblieben. Bei Amseln, Staren und Heckenbraunellen wurden in Hessen die bislang höchsten oder zweithöchsten Werte seit Beginn der Aktion ermittelt. Die Amselzahlen stiegen pro Garten durchschnittlich um 42 Prozent gegenüber dem Vorjahr, der Star nahm gar um 75 Prozent zu
Entsprechend deutlich zeigen sich die Verschiebungen auch in der Rangliste der häufigsten Wintervögel: Hinter dem Dauer-Spitzenreiter Haussperling setzte sich die Amsel – etwas überraschend – auf Rang zwei (sonst Platz 4). Die Kohlmeise liegt erstmalig nur auf Rang 3.
Neben der geringen Zuglust haben auch weitere Faktoren Einfluss auf die Ergebnisse. So stellten hessische NABU-Ornithologen fest, dass Meisen und andere Gartenvögel im Frühjahr des Vorjahres einen schlechten Bruterfolg aufwiesen. Welche Auswirkungen die schlechte Brutsaison 2016 auf die Besetzung von Nistkästen in diesem Jahr hat, kann die im Mai stattfindende Schwesteraktion „Stunde der Gartenvögel“ zeigen. Dann sind Deutschlands Vogelfreunde wieder aufgerufen, eine Stunde lang die Vögel zu zählen. Hier stehen Deutschlands Brutvögel im Fokus.
Die Ergebnisse der Wintervogelzählung zeigen auch, dass das unter Amseln grassierende Usutu-Virus keine Auswirkungen auf den Gesamtbestand der Art hatte. Nur in den Landkreisen Bergstraße und Groß-Gerau, wo das Usutu-Virus aufgetreten war, wurden weniger Amseln gezählt als im Landesdurchschnitt. Doch insgesamt gehört die Amsel zu den Gewinnern der diesjährigen Zählung.
Der NABU ruft einmal im Jahr zur „Stunde der Wintervögel“ bzw. „Stunde der Gartenvögel“ auf. Es ist Deutschlands größte wissenschaftliche Mitmach-Aktion. Die nächste „Stunde der Gartenvögel“ findet über Muttertag vom 12. bis 14. Mai 2017 statt. Je mehr Menschen an der Aktion teilnehmen, desto genauer werden die Ergebnisse. Die Meldungen werden auf www.stundederwintervoegel.de bis auf Bundesland- und Landkreisebene ausgewertet.
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