Die Gemeindevertretung Seeheim-Jugenheim hat mit den Stimmen von SPD und Grüne eine Stellungnahme zum Regionalplan (Teilplan Erneuerbare Energien)beschlossen, in der gefordert wird, bei der nächsten Überarbeitung des Teilplans zu prüfen, ob weitere Vorranggebiete für Windkraft auf den Höhen zwischen Burg Frankenstein und dem Melibokus ausgewiesen werden können. Das betrifft insbesondere den Langen Berg zwischen Malchen und Seeheim.
Der NABU hält grundsätzlich den Umstieg auf erneuerbare Energien für notwendig und Windkraftanlagen für ein geeigneten Baustein dazu. Allerdings kann durch Windkraftanlagen auch ein erheblicher Schaden an der Natur verursacht werden, insbesondere bei Vögeln und Fledermäusen. Deshalb muss besonders darauf geachtet werden die Nutzung der Windkraft naturschutzgerecht zu gestallten. So muss für jede geplante Windkraftanlage sorgfältig geprüft werden, welche Auswirkungen sie auf die Natur hat und ob diese durch den Beitrag der Anlage zu Energiewende gerechtfertigt werden können.
Der NABU hält insbesondere eine überregionale Koordination der Windkraftnutzung für notwendig, so dass Windkraftanlagen dort erreichtet werden, wo sie den größten Nutzen bei den geringst möglichen Schäden erreichen. Windkraftanlagen sollten nicht überall verteilt über das ganze Land, sondern konzentriert in besonders dafür geeigneten Gebieten erreichtet werden. Nur so kann gewährleistet werden, dass auch besonders empfindliche Tierarten noch genügend ungestörte Rückzugsflächen finden.
In Hessen wurde der Bedarf an Flächen ermittelt, die notwendig sind um die Ziele der Energiewende zu erreichen. In diesem Umfang wurden für Windkraftanlagen besonders geeignete Gebiete identifiziert und als Vorranggebiete im Regionalplan (Teilplan Erneuerbare Energien) festgelegt. Außerhalb dieser Flächen sollen Windkraftanlagen nicht oder nur in besonderen Ausnahmefällen erreichtet werden.
Im Bereich der Gemeinde Seeheim-Jugenheim gibt es keine solchen Vorrangflächen, also auch nicht am Langen Berg. Es müssten hier also, überregional betrachtet, außergewöhnlich gute Bedingungen für eine Windkraftanlage, bei besonders geringer Naturgefährdung, vorliegen um eine Ausweitung der Vorrangflächen zu rechtfertigen. Das ist nach unserem Erachten nicht der Fall.
Der Lange Berg ist Teil einer wichtigen Zugvogelroute entlang der Bergstrasse, die hier mit einer weiteren Route in Ost-West-Richtung zusammentrifft. Insbesondere auch Greifvögel wie Rot- und Schwarzmilan nutzen zur Zugzeit die Aufwinde am Lang Berg. Auch Kraniche nutzen diese Zugroute. Die Bedeutung der Bergstraße als Vogelzug-Leitlinie lässt uns den Standort einer Windkraftanlage als ungeeignet erscheinen.Auf den Zugvogelrouten fliegen z.B. auch größere Trupps von Großen Abendseglern, einer Fledermausart, die besonders an WKA gefährdet ist, da sie sehr hoch fliegt. Etliche weitere Fledermausarten ziehen hier im Sommer ihre Jungen groß. Welche Arten hier im einzelne vorkommen, muss noch detailliert untersucht werden. Am Langenberg sind die meisten heimischen Spechtarten häufig. Das deutet auf ein gutes Quartierangebot (Spechtlöcher) für Fledermäuse hin.
Bei Fledermäusen bedarf es keiner direkten Kollision mit den Flügeln des Windrades, es genügt, wenn sie in die sogenannte Wirbelschleppe geraten. Dabei erleiden sie einen Lungenriss und sterben.
Die Bedeutung des Gebietes für Zugvögel und Fledermäuse machen aus unserer Sicht verbindliche Abschaltzeiten für eine mögliche Windkraftanlage unausweichlich. Diese Abschaltzeiten müssen bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit berücksichtigt werden und verringern den möglichen Nutzen der Anlage für die Energiewende.
Auch wenn der NABU Windkraftanlagen im Wald nicht grundsätzlich ablehnt, ist die Lage im Wald ein weiteres Argument gegen die Errichtung einer Windkraftanlage außerhalb der Vorrangflächen. Der Wald hat eine besondere Bedeutung für die Naherholung und das Landschaftsbild. Das Gebiet ist Lebensraum zahlreicher Vogelarten wie z.B. Waldohreule, Waldkauz, Uhu, Raufußkauz (nicht in jedem Jahr), Bussard und Kolkrabe. Habicht, Sperber, Baumfalke und Turmfalke sind ebenfalls anzutreffen.
Neben der direkten Gefährdung der Vögel durch Kollision mit der Windkraftanlage sind auch Vergrämungseffekte durch die Lärmentwicklung zu erwarten, die neben den Vögeln auch andere Arten betreffen. Es ist zu befürchten, dass eine Windkraftanlage an diesem Standort weitere Baumaßnahmen (Straßen, Wege, Infrastruktur) benötigen würde. Wenn ja, so würde dies die Umweltbilanz weiter verschlechtern.
Aus den genannten Gründen lehnt der NABU Seeheim-Jugenheim eine Ausweitung von Vorrangflächen für Windkraftanlage am Langen Berg ab.
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