Workshop des NABU-Netzwerk-Agrarnaturschutz (NNA) in Nordhessen
Das Präsenztreffen des NABU-Netzwerk-Agrarnaturschutz (NNA) vom 12. bis 14. Juli 2024 in der DEULA Witzenhausen richtete sich an ehrenamtliche MitarbeiterInnen des Netzwerks und generell an NABU-Aktive, die sich ehrenamtlich für besseren Natur- und Klimaschutz in der Landwirtschaft einsetzen wollen.
Das Seminar verfolgte zwei Ziele: Zum einen sollten die vom Fairpachten-Team erarbeiteten praktischen Naturschutzmaßnahmen verstanden und verinnerlicht werden – auch anhand praktischer Anwendungsbeispiele. Zum anderen stand das Kennenlernen landwirtschaftlicher Geräte für nachhaltigen Ackerbau und Grünlandnutzung und deren Einsatz im Fokus.
Neben diesem gut vorbereiteten Tagesprogramm erbrachten die abendlichen Gesprächsrunden nach dem offiziellen Programm einen in diesem Ausmaß unerwarteten Mehrwert. In produktivem Gedankenaustausch wurden Ideen geboren, kontrovers diskutiert und gemeinsam weiterentwickelt, die in den üblichen Videokonferenzen des Netzwerks sicher nicht das Licht der Welt erblickt hätten. So ging es darum, wie man die Naturschutzmaßnahmen in die Fläche bringen kann, wie wir die Akzeptanz bei den LandwirtInnen und unseren Draht zu ihnen verbessern können. Es wurden Optionen diskutiert, wie die Sichtbarkeit und Anerkennung des Einsatzes der LandwirtInnen für Natur- und Klimaschutz verbessert werden kann – gerade dann, wenn die Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen etwa den wirtschaftlichen Ertrag verringern, und erst recht, wenn diese Maßnahmen nicht finanziell über Fördermaßnahmen ausgeglichen werden können.
Das Ansehen teilnehmender Landwirte in der Bevölkerung würde gesteigert und der NABU könnte dadurch als Partner wahrgenommen werden, der mit ihnen an einem Strang zieht. In der Gruppe wurde besipielhaft diskutiert, wie intensiv bewirtschaftete oder gänzlich verschwundene Wegeränder wieder als Vernetzungsstrukturen im Interesse der Biodiversität zurückzugewinnen sind. Es wurde darauf hingewiesen, dass man auch Naturschutzprojekte über das LEADER-Programm der EU mitfinanzieren kann. Es wurden Fragen zu den Problemen bei der Nutzung von Mähgut besprochen und vieles mehr. Der Mehrwert eines Präsenztreffens zeigt sich hier besonders, aber natürlich bietet ein solches Treffen die perfekte Gelegenheit zur persönlichen Vernetzung der Teilnehmenden. Erst recht, wenn die Veranstaltung so liebevoll vorbereitet wurde vom Netzwerk-Team – einschließlich des selbst gebackenen Schokokuchens. So konnten erfahrenere und neue ehrenamtliche Netzwerker sich in vertrauensvoller und familiärer Atmosphäre austauschen.
Doch nun zum fachlichen Teil: Freitagnachmittag ging es mit den Maßnahmesteckbriefen direkt in medias res: Wo macht welche Maßnahme Sinn, welche Maßnahmen sind kombinierbar und ergänzen sich, wie kann man sie individuell an die Situation vor Ort anpassen? So tragen beispielsweise Blüh- und Ackerrandstreifen als Nahrungshabitate zum Bruterfolg in Lerchenfenstern bei. Die Teilnehmer unterrichteten sich gegenseitig über die Maßnahmen und mit einem Fotoquiz wurde visualisiert, wie die Maßnahmen sich in der Landschaft darstellen.
Am Samstagmorgen dann schauten sich die Teilnehmenden die praktische Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen unter der fachkundigen Leitung von Jürgen Bringmann vom Landwirtschaftsamt Witzenhausen in der Gemarkung Hilgershausen an. Jürgen Bringmann wuchs dort auf einem 20 ha großen Betrieb auf, den er im Nebenerwerb als Landschaftspflegebetrieb mit Fjordpferden weiterführt. Er kennt die Historie der Region also seit Jahrzehnten. Diese Exkursion war ein absolutes Highlight und zeigte, was bei der Priorisierung von Naturschutzmaßnahmen in einer kleingliedrigen Mittelgebirgslandschaft möglich ist. Mit diesen Bildern und Erfahrungen im Kopf wurden die Maßnahmensteckbriefe dann im Nachgang nochmals besprochen.
Der Sonntagmorgen sah die NetzwerkerInnen dann auf dem Hof von Biolandwirt Marc Böttcher in Mielenhausen. Ralf Demmler als erfahrener Mitarbeiter des Agrarnetzwerks konnte den Teilnehmenden hier den umfangreichen Maschinenpark für Acker- und Grünlandbewirtschaftung erläutern. Zu Wissen, wie diese Arbeitsprozesse ablaufen und was ihr Zweck ist, ist eine wichtige Voraussetzung, um auf Augenhöhe mit LandwirtInnen sprechen zu können.
In der Abschlussrunde wurden den Organisatoren des Treffens, Karoline und Ralf, ein großes Lob für die in jeder Hinsicht gelungene Veranstaltung ausgesprochen und die Hoffnung geäußert, dass die NetzwerkerInnen auch weiterhin regelmäßig in Präsenz zusammenkommen können.
Exkursion Naturschutzmaßnahmen
Jürgen Bringmann stellt auf seinem Hof praktische Umsetzung verschiedener Naturschutzmaßnahmen vor.
… locker eingesätes Getreide mit viel Wildkräutern – viele heute sehr selten gewordene Ackerwildkräuter werden gefördert. Ein Paradies für Feldvögel.
Ein Highlight – die Winterweide der Pferde von Jürgen Bringmann wird seit vielen Jahren nur einmal im Jahr beweidet. Jetzt im Sommer sind die Wiesen mit Blüten übersät, viele große Insekten – Schmetterlinge Heupferde und Käfer – tummeln sich im grünen Dickicht.
Altgrasstreifen im Grünland
Auch nach einem Jahr sieht man noch deutlich die Änderungen im Artenspektrum, wenn Teile der Wiesen im Vorjahr von der Mahd ausgenommen wurden. Altgrasstreifen sind wichtig als Überwinterungsplätze für Insekten und dienen der Futterversorgung und Versteckmöglichkeit für Feldvögel besonders im Winter.
Leben auf der naturnahen Wiese
Auf naturnahen Wiesen brummt und summt das Insektenleben.
Balkenmäher
Insekten-schonende Mahd mit dem Balkenmäher.
Exkursion Landmaschinen auf dem Biohof
Auf dem Biohof Böttcher in Heidemünden erklärt Ralf Demmerle vom Netzwerk Agrarnaturschutz die Funktion und typischen Einsatzgebiete der wichtigsten Landmaschinen im Ackerbau und bei der Grünlandpflege.
Abschluss-Besprechung
Zum Abschied sitzen die Teilnehmer im Hausgarten des Biohofs Böttcher. Konsens-Meinung: das Netzwerktreffen in Präsens hat allen Spaß gemacht und Wissen gebracht. Gerne wieder. Dank besonders an Karoline und Ralf für die Organisation!
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