Aug 292013
 

nabu-logoImmer mehr Koloniebrüter in Südhessen

Mit dem Abflug der Jungstörche in ihre Winterquartiere in Südspanien und Südafrika endet das Storchenjahr 2013 in Hessen. Für Bernd Petri, Sprecher der Landesarbeitsgruppe Weißstorch im NABU Hessen, ist es Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen: „Mit 300 Weißstorchpaaren haben wir einen neuen Rekord erreicht. Ganz Hessen ist Storchenland geworden“. Die hessischen Bestände nehmen seit Jahren kontinuierlich zu. Petri führt das vor allem auf die verbesserten Nahrungsbedingungen und das Aufstellen von künstlichen Nisthilfen zurück. Ein neues Phänomen seien größere Storchenkolonien in alten Pappeln im Landkreis Groß-Gerau.

Der Biologe Petri zeigt sich begeistert davon, dass die Störche nicht mehr nur künstliche Storchenmasten besetzen, sondern immer öfter eigene Nester in alten Bäumen bauen: „In Südhessen ist Meister Adebar zum Zimmermann geworden. Er richtet es sich gemeinsam mit anderen Paaren gemütlich in den Bäumen ein.“ Die Koloniebildung sei kein Zeichen dafür, dass es zu wenige Brutmöglichkeiten gebe, sondern eine ganz normale Gesellungsform des rotbeinigen Schreitvogels. „Das bekannte Bild vom einzelnen Storchenpaar auf dem Dach entspricht eigentlich nicht der Natur des Weißstorchs. Er lebt lieber in Gemeinschaft“, so Petri. Dort, wo er anfange, selber Nester zu bauen, sei er wieder richtig heimisch geworden. Aus diesem Grund wollen die Naturschützer im Kreis Groß-Gerau keine weiteren Storchenmasten mehr aufstellen.

Weißstörche bei der Nahrungssuche 1Die diesjährige Brutbilanz beurteilt Petri mit einiger Skepsis. Das kalte und nasse Frühjahr sei sehr schlecht für die Jungvögel gewesen. „Viele Jungstörche sind in den Nestern an Unterkühlung und Infektionen gestorben. Wir rechnen damit, dass die Anzahl der ausgeflogenen Jungen in diesem Jahr weit niedriger ausfallen wird als im Vorjahr“, so Petri. In 2012 waren insgesamt 654 Jungvögel flügge geworden und traten die Reise in den Süden an. Die Storchenzahlen werden jährlich von vielen hessischen Storchenfreunden und Storchen-Beringern unter Leitung von Klaus Hillerich zusammen getragen.

Wer in diesem Jahr in Hessen noch Störche sehen möchte, muss sich sputen. Während die Jungvögel schon Mitte August in den Süden geflogen sind, sammeln sich die Altstörche in den Feuchtgebieten Hessens und suchen noch intensiv nach Nahrung, um sich nach dem anstrengenden Brutgeschäft genügend Fettreserven für den weiten Flug anzufressen. „Vor allem an der Lahn, in den Feuchtgebieten der Wetterau und im Hessischen Ried lassen sich die Störche bis Mitte September noch gut beobachten“, erklärt Petri. Ende September sind dann fast alle Weißstörche in die südlichen Winterquartiere verschwunden.

Für die Zukunft des Weißstorchs in Hessen ist vor allem der Erhalt von Feuchtgrünland von entscheidender Bedeutung. „Störche brauchen möglichst viele nasse Wiesen in Nestnähe, um genug Futter für ihre Jungen finden zu können“, erläutert Petri. Der Lebensraumverlust steige in Hessen immer noch rasant an. Vor allem der Umbruch von Grünland zu Maisäckern für die Energieerzeugung von Biogas sei eine große Gefahr für die weitere Entwicklung der Bestände. Mit dem Verlust von Feuchtgrünland verschwinde nicht nur der Lebensraum des Weißstorches, sondern auch der vieler anderer Tier- und Pflanzenarten. „Der Storchenschutz ist ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt auf unseren Wiesen“, so Petri.

Hintergrund-Informationen

Weißstörche bei der Nahrungssuche 2Vom südhessischen Auenland bei Lampertheim bis hoch hinauf in das waldreiche nordhessische Vaake im Reinhardswald klappert er wieder, unser sympathischer Wappenvogel, der Weißstorch. Kaum jemand hätte noch Ende des vergangenen Jahrhunderts daran geglaubt, das Hessen wieder zum Storchenland wird. Das Verschwinden des Klapperstorchs im letzten Jahrhundert hatte viele Gründe. Rasante Veränderungen der Landschaften, die Umstellung von Weideviehhaltung auf Stallviehhaltung. Entwässerungen, Flächenverluste durch Bebauung und Verluste durch Leitungsanflüge, Stromschläge und Gifteinsatz.

Mitte der Siebziger Jahre begann man zu retten, was noch zu retten ist. Gerade im NABU engagierten sich die Menschen vor Ort für die Natur und ihre Heimat. An die Rückkehr der Störche glaubten allerdings nur wenige. Neben Renaturierungen von Auengebieten und der Ausweisung von Schutzgebieten gab es „Spinner“, die einfach Masten mit Kunstnestern in die Landschaft stellten, weil sie meinten, dass Störche, sollten sie jemals wieder kommen, diese

Nistmöglichkeiten dringend bräuchten. Mit dem Anwachsen der sogenannten „westziehenden“ spanischen  Storchenpopulation und verschiedene Auswilderungsprojekte im Elsass und der Schweiz wuchs der Storchenbestand. Vor zwanzig Jahren besuchten dann vereinzelt Störche Südhessen. Und jeder Gast bekam sofort größte Aufmerksamkeit und Fürsorge. Und vor allem: Die modernen Störche flogen auf die von Menschenhand errichteten Nester auf Masten. Seit diesen Tagen kümmern sich viele engagierte Naturschützer um deren Wohl

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